Noch ein Polizist hat Kontakt zu Neonazis

Das rechtsextreme Netzwerk bei der Polizei ist offenbar größer als angenommen. Ein ehemals in Osthessen tätiger Beamter soll gewaltbereite Neonazis mit Informationen versorgt haben.
Ein ehemals in Südosthessen angestellter Polizist soll aufgrund seiner Nähe zu rechtsextremen Kreisen auffällig geworden sein. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ wird gegen einen Polizeibeamten ermittelt, weil er Informationen an eine Vertreterin der Neonazigruppe „Aryans“ weitergegeben haben soll. Der Beamte war ehemals in Südosthessen im Einsatz. Mittlerweile ist er in Niedersachsen tätig, teilte die Pressestelle des Landeskriminalamts auf Nachfrage der FR mit.
Die Vorwürfe ergaben sich im Laufe eines Prozesses gegen die 42 Jahre alte Martina H. und ihren Freund, den 40 Jahre alten Carsten M. Beide sind Mitlieder der „Aryans“, einer gewaltsuchenden Neonazigruppe und stehen in Halle wegen des Vorwurfs der Körperverletzung beziehungsweise schwerer Körperverletzung vor Gericht. Sie sollen am Rande einer Mai-Demonstration eine regelrechte Jagd auf linke Gegendemonstranten und Menschen, die sie dafür hielten, gemacht haben - oder wie Martina H. laut der Süddeutschen in einem Chat prahlte: man habe „Zecken verdroschen“. Carsten M. soll zwei Personen mit einem Starkstromkabel geschlagen und beide zusammen sollen weitere Menschen aus einem Auto heraus mit Steinen und Flaschen beworfen haben. Den Angegriffenen sollen die beiden Neonazis aus dem Auto zugerufen haben: „Ohne Polizei wärt ihr alle tot!“
Waffen, Stahlkugeln und Schwarzpulver gefunden
Im Rahmen der Ermittlungen wurde die Wohnung von Carsten M. im hessischen Main-Kinzig-Kreis durchsucht. Dabei fanden Beamte neben einem beachtlichen Waffenarsenal und zahlreichen SS- und Neonazi-Devotionalien auch Behälter mit Stahlkugeln und größere Mengen Schwarzpulver. Außerdem werteten Ermittler das Handy von Martina H. aus. Dort stießen sie auf weitere rechtsextreme Hetze sowie einen Chatverlauf mit einem hessischen Polizisten. Martina H. bat den Beamten, für sie Daten aus den Polizeiregistern abzurufen. Laut dem aktuellen Ermittlungsstand kam der Polizeibeamte der Bitte seiner Kameradin nach.
Es sei derzeit noch nicht bekannt, um welche Informationen es sich gehandelt habe, schreibt die „Süddeutsche“. In einer anschließenden Pressemitteilung teilte das Polizeipräsidium Osthessen mit, dass kein Beamter aus Osthessen an dem Vorgang beteiligt gewesen sei. Beim Landeskriminalamt habe man sich erst einmal sortieren müssen, weil der Prozess nicht in Hessen verhandelt werde und auch der betroffene Polizeibeamte schon seit längerem nicht mehr in besagtem Bundesland seiner Arbeit nachgehe. Das sagte ein Sprecher gegenüber der FR.
Polizei Frankfurt: Drohbriefe und Hitlerbilder
Erst vergangenen Monat war ein rechtsextremes Netzwerk innerhalb der Frankfurter Polizei bekannt geworden. Eine fünfköpfige Gruppe innerhalb des ersten Frankfurter Polizeireviers hatte in einer Whatsapp-Gruppe Hitler- und sonstige Nazibilder geteilt und rechtsextremen Fremdenhass gepostet. Kurz darauf ergaben die Ermittlungen, dass die Gruppe auch an einem Drohbrief beteiligt war, den die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz erhalten hatte. In dem Brief beschimpften die Absender die Anwältin, die unter anderem die Hinterbliebenen von Mord-Opfern der rechtsextremen Terrorgruppe NSU vertreten hatte, mit „Türkensau“ und drohten ihr damit, ihre Tochter zu „schlachten“. Unterschrieben war der Brief mit „NSU 2.0“.
Bei den Aryans handelt es sich um eine gewaltsuchende Gruppe von klassischen Neonazis, die seit März 2017 öffentlich in Erscheinung tritt. Ihre Mitglieder weisen sich seitdem auf rechtsextremen Veranstaltungen in ganz Deutschland durch das Tragen altbekannter Neonazi-Montur aus: Springerstiefel, Bomberjacken und Pullover mit Aufschriften wie „Support your race“ und eben „Aryans“. Die Nazi-Vereinigung ist auch in den sozialen Medien aktiv, namentlich in Facebook. Beobachter der rechten Szene gehen davon aus, dass die Gruppe starke Überschneidungen mit der Gruppierung „Division Braune Wölfe“ aufweist.
Transparenzhinweis: In einer alten Version war von einem Polizisten aus Osthessen die Rede. Nach Informationen des Polizeipräsidiums Osthessen und des hessischen Landeskriminalamts ist der erwähnte Polizeibeamte aber schon seit längerem nicht mehr in Hessen, sondern in Niedersachsen tätig.