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Hotel statt Wohnung: Ukrainische Familie darf nicht nach Wetzlar ziehen

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Von: Steven Micksch

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Die Zuweisung von ukrainischen Geflüchteten in Hessen läuft bisweilen chaotisch. Statt einer Wohnung in Wetzlar musste eine Familie jetzt ins Hotel im Hochtaunus.
Die Zuweisung von ukrainischen Geflüchteten in Hessen läuft bisweilen chaotisch. Statt einer Wohnung in Wetzlar musste eine Familie jetzt ins Hotel im Hochtaunus. © Michael Schick

In Hessen hat eine ukrainische Familie eine Wohnung in Wetzlar sicher – das Land schickt sie aber in den Hochtaunuskreis, wo sie jetzt in einem Hotel wohnen muss.

Wetzlar – Das Ehepaar Norynskyi ist mit seinen drei Kindern aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Am 18. März kommt die Familie in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen in Gießen unter. Perspektivisch will sie gerne nach Wetzlar, wo ein Freund wohnt. Mittlerweile hat sie dort sogar eine Wohnung, die sie beziehen könnte. Blöd ist nur, dass das Land die Norynskyis nicht Wetzlar, sondern dem Hochtaunuskreis zugewiesen hat.

„Die Familie hat während des gesamten Aufnahmevorgangs in der Erstaufnahmeeinrichtung zu keinem Zeitpunkt erwähnt, dass sie die Möglichkeit hat, privat untergebracht zu werden“, erklärt das Regierungspräsidium (RP) Gießen auf FR-Nachfrage. Auch der Hinweis, dass ein Freund in Wetzlar lebe, lasse derartige Rückschlüsse nicht zu.

Trotz Wohnungszusage: Ukrainische Familie darf nicht nach Wetzlar (Hessen)

Der Hinweis im Erstaufnahmeformular lautet: „Freund der Familie lebt in Wetzlar und würde diese unterstützen.“ Kurios: Der Freund hat die Geflüchteten an der polnischen Grenze abgeholt, anschließend wohnen sie einige Wochen bei ihm. Irgendwann heißt es von Seiten der Behörden, sie müssten sich registrieren lassen. Also fahren sie nach Gießen.

Der Familienfreund teilt dem RP Gießen später mündlich mit, es gebe eine Wohnung in Wetzlar, doch die Norynskyis kommen zunächst in eine andere Unterkunft und kurz darauf in eine Einrichtung in Usingen. Trotzdem fährt die Familie nach Wetzlar, um die Wohnung zu besichtigen – und erhält sogar eine Zusage.

Als der Vermieter mit der Stadt Wetzlar Kontakt aufnimmt, bekommt er dort jedoch die Info, die Familie sei dem Hochtaunuskreis zugewiesen worden, Wetzlar als Wohnort scheide somit erst mal aus.

Ukrainische Familie in Hessen: Wegen Verteilungsschlüssel darf sie nicht nach Wetzlar

Warum aber wird die Familie trotz ihres in Wetzlar lebenden Bekannten in einen weiter entfernten Kreis geschickt? „Geflüchtete Menschen werden den Landkreisen und kreisfreien Städten in Hessen nach Richtlinie des hessischen Landesaufnahmegesetzes zugewiesen“, erläutert das RP.

„Die Entscheidung, welche Geflüchteten in welche Landkreise oder kreisfreien Städte zugewiesen werden, trifft das Regierungspräsidium Darmstadt nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel.“ Bei der Zuweisung werde nur die Kernfamilie berücksichtigt. Verteilungsschlüssel schlägt somit Logik - und das, obwohl sich die Suche nach Unterkünften für ukrainische Geflüchtete in Hessen nicht einfach gestaltet.

Ukrainische Familie in Wetzlar (Hessen): Änderung der Wohnungszuweisung nicht mehr möglich

Eine Änderung der Zuweisung sei zudem nicht mehr möglich, da der Transfer bereits angetreten wurde. Einen möglichen Umzug müsse die Familie, die weder Deutsch noch Englisch spricht, nun mit der zuständigen Ausländer- beziehungsweise Sozialbehörde des Hochtaunuskreises klären.

Warum die mündlich vorgetragene Information über die Wohnung nicht an die richtige Stelle gelangte, wird sich kaum noch klären lassen. Fakt ist aber, dass die fünfköpfige Familie statt in einer Wohnung in Wetzlar nun in einem Hotel in Steinbach lebt. (Steven Micksch)

Auch der Sport zeigt sich solidarisch: Zuletzt verpflichtete Handball-Bundesligist HSG Wetzlar den ukrainischen Nationaltorwart, der in seiner Heimat derzeit nicht spielen kann.

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