Maulwurf bei der Polizei gesucht

Nach Berichten über einen Hells-Angels-Zeugen ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen Geheimnisverrats bei der Polizei. Darin werden anonyme Ermittler und interne Polizei-Protokolle zitiert.
Von Volker Schmidt
Nach Berichten über einen Hells-Angels-Zeugen ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen Geheimnisverrats bei der Polizei. Darin werden anonyme Ermittler und interne Polizei-Protokolle zitiert.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt wegen Geheimnisverrats bei der Polizei, nachdem die Frankfurter Neue Presse (FNP) über einen Zeugen aus dem Umfeld der Rockerbande Hells Angels berichtet hat. Das Blatt hatte in einer Artikelserie anonyme Beamte und interne Protokolle zitiert. Das Innenministerium erstattete Anzeige.
Die FNP berichtet seit Tagen über den Mann, der zeitweise den Tarnnamen Daniel Messer trug. Er hatte sich 2010 mit Informationen über die Hells Angels an die Frankfurter Polizei gewendet. Im Kern der Serie steht der Vorwurf, die Informationen des Mannes hätten sich schnell als unzuverlässig erwiesen; trotzdem sei er mit viel Geld unterstützt und in ein Schutzprogramm für Zeugen aufgenommen worden. Die FNP zitierte unter anderem aus internen Listen, welche Summen Messer bekommen haben soll. Jetzt sucht die Staatsanwaltschaft die undichten Stellen bei der Polizei.
Das Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz, das den Zeugen im Auftrag der Hessen versteckt hatte, dementiert, dass es Messer Luxusautos zur Verfügung gestellt habe: „Vielmehr handelte es sich um kleinere Fahrzeuge, z.B. einen Renault Scenic und einen Audi A3.“ Kollegen in Wiesbaden versichern, „die Behauptung, die hessische Polizei habe Kokain für Messer bezahlt, ist falsch“.
Zeuge galt als „sehr unzuverlässig“
Nach FR-Informationen ging der Zeuge zur Polizei, weil er Ärger in der Rockerszene hatte. Einige seiner Aussagen waren nicht völlig nutzlos: Sie führten zu mehreren Verfahren gegen Polizisten, die mit Hells Angels zusammengearbeitet haben sollen, und zwei Urteilen gegen Rocker.
In ein formales Zeugenschutzprogramm wurde Messer nicht aufgenommen: Er sei „sehr unzuverlässig“ gewesen, heißt es vom LKA Mainz. Im Klartext: Warum mühsam eine falsche Identität für jemanden aufbauen, der abends in der Kneipe den Mund nicht halten kann? Trotzdem sei er als „gefährdeter Zeuge“ geführt worden.
Ob ein Zeuge geschützt werde, hänge nicht von der Qualität der Quelle ab, sondern vom Gefährdungsgrad, sagt ein Sprecher des hessischen Innenministeriums. Das muss die Rechnung für den Schutz bezahlen. Unklar bleibt, wie stark die Wiesbadener dabei mitredeten, dass der Zeuge erst in Bad Kreuznach, später in Irland und Israel vor der Rache der Rocker versteckt wurde. Laut LKA Mainz waren alle Maßnahmen mit Hessen abgestimmt, nach Wiesbadener Darstellung handelten die Nachbarn selbstständig.
Am 21. Februar überprüft der hessische Verwaltungsgerichtshof das Verbot, das Innenminister Boris Rhein (CDU) gegen die beiden Frankfurter „Charter“ (Ortsvereine) der Rocker verhängt hat. In Regierungskreisen wird geargwöhnt, die FNP-Artikel sollten die Richter beeinflussen. Laut dem Blatt meldete sich Messer per Internettelefon aus Israel in der Redaktion. Sollte der Arm der Rocker so weit reichen? „Die sind ja international aufgestellt“, sagt ein Insider. Das Verbot der Charter als kriminelle Vereinigungen allerdings stützt sich nicht auf Aussagen Messers, sondern auf gerichtlich festgestellte Straftaten von Hells-Angels-Mitgliedern.