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Der Mann der klaren Worte

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Von: Peter Hanack

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Landrat Pipa steht für klare Worte.
Landrat Pipa steht für klare Worte. © Christoph Boeckheler

Landrat Erich Pipa wird für sein Engagement mit dem Verdienstorden geehrt. Pipa redet lieber Klartext und haut auch schon mal ordentlich auf die Pauke, wenn er das für nötig hält.

Wenn Landrat Erich Pipa (SPD) am heutigen Montag den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland aus den Händen des hessischen Finanzministers Thomas Schäfer (CDU) entgegennimmt, dann hat diese Konstellation durchaus einige Brisanz. War es doch Pipa, der als Vorsitzender des hessischen Landkreistags erst vor wenigen Wochen Schäfer scharf wegen der – aus Pipas Sicht – völlig unzureichenden Finanzzuweisung des Landes an die Kreise und Kommunen angegangen war. Auch lasse Schwarz-Grün die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen weitgehend im Stich. Da waren die Vertreter des Städtetags schon längst auf Schmusekurs mit der Landesregierung eingeschwenkt.

Schmusekurs ist Pipas Ding nicht. Wo Pipa in der Nähe ist, fühlt es sich eher an, als liege ein Gewitter in der Luft. Der Landrat des Main-Kinzig-Kreises redet lieber Klartext und haut auch schon mal ordentlich auf die Pauke, wenn er das für nötig hält. Und das tut er oft. Beispielsweise, wenn es um das Recht „seines“ Landkreises geht, Langzeitarbeitslose in eigener Regie zurück in den Arbeitsmarkt zu führen – was Pipa schon als Sozialdezernent mit beachtlichem Erfolg betrieben hat. Pipa war bundesweit einer der ersten Kommunalpolitiker, die auf das Prinzip des „Förderns und Forderns“ setzten.

Gegen Geldgier

Zusammen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch erreichte er, dass die Betreuung und Vermittlung Langzeitarbeitsloser zur Verantwortung der Kommunen gehörte, was der Main-Kinzig-Kreis bundesweit als erste sogenannte Optionskommune umsetzte. Unüberhörbar wird Pipa auch, wenn er gegen jene wettert, denen er Geldgier und Eigennutz vorwirft – weil er das partout nicht ausstehen kann. Oder wenn er laut und deutlich sagt, dass das Boot nicht voll sei, Flüchtlinge aufgenommen werden müssten. Unbekannte, die unter der Bezeichnung „Initiative Heimatschutz Kinzigtal“ auftreten, haben ihm dafür wiederholt Drohbriefe geschickt. Man werde ihn „aus dem Weg räumen“, gleich bei nächster Gelegenheit, dem Fahrrad-Straßen-Fest Kinzigtal total, schrieben die Verfasser vor einigen Wochen. Als „Kanaken-Landrat“ und „stinkende Ratte“ hatte man ihn beschimpft.

Als er das öffentlich machte, war ihm anzusehen, wie sehr ihn das mitgenommen hatte. Kneifen aber ist Pipas Sache ebenso wenig wie die Leisetreterei. Also war er bei Kinzigtal total natürlich wieder auf der Straße.

Seit mehr als zehn Jahren ist der gebürtige Fuldaer (Jahrgang 1948) Main-Kinzig-Landrat. Weggefährten haben dem in der Wolle gefärbten Sozialdemokraten zu seinem Jubiläum im vergangenen Juni Zuverlässigkeit, eine ungekünstelte Art und einen Blick für das Wesentliche bescheinigt. Kritiker halten ihm Aktionismus vor, Diskussionen nicht unbedingt am Thema orientiert zu führen und in seinem Auftreten mitunter populistisch zu wirken. Bisweilen geht die Streitlust mit dem 67-Jährigen durch.

Das Verdienstkreuz am Bande, das Pipa am Montag in Gelnhausen, dem Sitz des Kreistags, entgegennimmt, erhält er für seine besonderen Verdienste um die hessische Kommunalpolitik und den Main-Kinzig-Kreis. Kaum einer wird bestreiten, dass die Auszeichnung den Richtigen erreicht. Selbst jene nicht, denen der rast- und ruhelose Landrat immer mal wieder in die Parade fährt.

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