Brandbrief an Scholz und Rhein zur Flüchtlingsdebatte erntet heftige Kritik
Der Main-Taunus-Kreis erntet Kritik für einen offenen Brief an Bund und Land Hessen, der die Zuweisung Geflüchteter zum Inhalt hatte.
Main-Taunus-Kreis - Mit einem gemeinsam unterzeichneten Schreiben wandten sich die Verwaltungsspitze des Main-Taunus-Kreises sowie die Bürgermeister der zwölf Kommunen am vergangenen Mittwoch an Bund und Land: Inhalt des Briefes war eine Kritik an der Flüchtlingszuweisung und verbunden mit dieser der Wunsch nach Gehör. Reaktionen auf das Schriftstück folgten prompt, zunächst allerdings weder von Bundeskanzler Olaf Scholz noch vom hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein. Stattdessen äußerte sich unter anderem Thomas Völker, Landratskandidat der Linken, mit deutlicher Kritik an der Stellungnahme von Landrat Michael Cyriax (CDU), Kreisbeigeordneter Madlen Overdick (Grüne), sowie den Rathauschefs.
Unstrittig sei laut Völker, dass Bund und Land mehr unternehmen müssten, um die Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten zu unterstützen. „Das ist der einzige richtige Punkt in diesem Pamphlet. Ansonsten werden von den Verantwortungsträgern von Grünen, SPD, FDP und CDU Vorurteile völlig an den Fakten vorbei aufgewärmt und damit der extremen Rechten in die Hände gespielt“, kritisiert Völker, der außerdem anfügt: „Mehr als 80 Prozent der Geflüchteten in Deutschland erhalten einen Schutzstatus, viele weitere erstreiten ihn später vor Gericht. Angesichts dieser Zahlen Geflüchteten ökonomische Motive zu unterstellen, ist falsch und fahrlässig.“
Brandbrief an Olaf Scholz und Boris Rhein: Kommunen im Main-Taunus-Kreis in der Kritik
Auch die im Schreiben der MTK-Kommunen hervorgehobene Problematik der Unterbringung Geflüchteter in einer Region mit angespanntem Wohnungsmarkt betrachtet der Politiker der Linken kritisch. „In quasi allen Gemeinden des Main-Taunus-Kreises sinken seit Jahren die Zahlen der Sozialwohnungen. Weder werden Sozialbindungen verlängert, noch wird ernsthaft sozialer Wohnungsbau im Neubau geschaffen oder vorgeschrieben“, so Völker. Die politische Verantwortung dafür läge zuallererst bei den Bürgermeistern.

„Zugleich verhindert der Kreis mit einem viel zu geringen Satz für die Kosten der Unterkunft den Auszug von Geflüchteten aus den Gemeinschaftsunterkünften in Wohnraum und verschärft damit die Unterbringungssituation aktiv“, so Völkers Vorwurf. Verschärfend wirke zudem, dass der Kreis in der Vergangenheit Grundstücke zur Unterbringung Geflüchteter verkauft und Mietverträge nicht verlängert habe. Pläne für eine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft würden seit Jahren abgelehnt, und der aktuelle Haushaltsentwurf sähe sogar eine Kürzung der Mittel für Unterstützung zur Wohnraumvermittlung vor.
Brandbrief an Olaf Scholz und Boris Rhein: Asylkreis sieht einen „Versuch der Spaltung“
Auch der Asylkreises Hofheim-Marxheim/Ahornstraße äußerte sich zu dem Schreiben an Bund und Land. „Als Ehrenamtliche in der Unterstützung von Geflüchteten verwahren wir uns gegen diesen Brief, in dem an mehreren Stellen die ‘Ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer’ gewürdigt werden, die angeblich auch an ihre Grenzen gerieten“, führen die Asylkreis-Koordinatoren aus. An Grenzen gerieten Helfer und die von ihnen betreuten Geflüchteten seit Jahren vor allem durch „unnötige bürokratische Hürden, die unter anderem vonseiten des Main-Taunus-Kreises in fast allen Ämtern gegen Geflüchtete und Zugewanderte aufgebaut werden“.
Kritisiert wird seitens des Asylkreises auch die im Brief vorgenommene Unterscheidung Geflüchteter in zwei Gruppen: „Menschen, die wirklich unserer Hilfe bedürfen“ und solche, die sich nur „aus wirtschaftlichen Gründen auf den Weg in die Bundesrepublik machen“. „Den Versuch dieser Spaltung weisen wir Ehrenamtliche entschieden zurück. Niemand nimmt eine lebensgefährliche Flucht ohne triftigen Grund und existenzielle Not auf sich“, heißt es in der Reaktion des Asylkreises auf den Brief der MTK-Kommunen. (Robin Kunze)