Stadt übernimmt Kinderhaus der Kirche

Ausschüsse diskutieren lange, bis Stephanus-Erzieherinnen mit emotionalen Worten die Wende bringen
Kelkheim - Die Wende kam erst nach mehr als einer Stunde. So lange hatten der Sozial- sowie der Haupt- und Finanzausschuss am Donnerstagabend bereits diskutiert, ob die Stadt die Trägerschaft des Kinderhauses der evangelischen Stephanusgemeinde Hornau übernehmen soll. Die Lage schien verhärtet: Die Koalition aus CDU, SPD und FDP regte eine Ausschreibung an, um möglichen anderen Trägern ebenfalls eine Chance zu geben. Bürgermeister Albrecht Kündiger und „seine“ UKW mahnten, damit gehe wertvolle Zeit verloren, in der sich die Erzieherinnen womöglich einen anderen Job suchen.
Zuvor hatte Kündiger mehrfach betont, die Leitung der Kindertagesstätte sei unter den Besuchern, jeder könne sie ja zu ihrer Lage persönlich fragen. Aber erst nach weit mehr als einer Stunde kamen die Ausschüsse auf die Idee, Leiterin Nicole John und ihrer Stellvertreterin Yvonne Schwainer das Rederecht zu geben. „Es gibt eine große Unsicherheit bei den Kolleginnen“, sagte Schwainer, die die Krippe leitet. Wichtig sei ihnen zunächst einmal ein „sicherer Job“, von der Kirche fühlten sie sich zuletzt schon „im Stich gelassen“. Die Elternbeirätin habe von der geplanten Übergabe der Trägerschaft so erst aus dieser Zeitung erfahren. „Wir wollen Sicherheit geben, aber die Leitung hat auch keine Sicherheit“, stellte John klar. Viele seien schon lange hier, wollten auch in der Kita bleiben. „Da drängt die Zeit, dass ein Trägerwechsel stattfindet.“ Die Stadt habe dem Team schon immer „mit Rat und Tat zur Seite gestanden“, da gebe es ein „Vertrauensverhältnis“. Als die Politik noch einmal kurz nachfragte, kam von der Leiterin der entscheidende Satz mit Blick in Richtung Stadt als Träger: „Wir kennen uns, wir können dem Team sagen: ,Es wird gut’.“ Ziehe sich das Verfahren über 2024 hinaus, werden Mitarbeiterinnen gehen, „dann haben sie ein leeres Gebäude“, so John, die noch emotional anfügte: „Die Nerven liegen blank bei uns.“
Diese Sätze waren der Durchbruch im Doppelausschuss, der „Game-Changer“, wie es Markus Göllner (UKW) formulierte. „Sie sind das wichtigste Gut in diesem Kindergarten“, betonte Sabine Heffter (CDU). Und ihr Fraktionschef Carsten Schrage schickte die wichtige Botschaft an die Erzieher: „Wir denken, man sollte ihrem Wunsch folgen.“ So stimmten fast alle am Ende dafür, dass die Stadt zum 1. Januar 2024 die Trägerschaft für die Stephanus-Kita übernehmen soll, einzig die FDP enthielt sich. Das letzte Wort hat das Parlament am Montag.
Bürgermeister Kündiger hatte zuvor schon ausführlich erläutert, wie die Sachlage ist. Die Kirchengemeinde habe mit „einigen nachvollziehbaren Gründen“ dargelegt, weshalb sie den Betrieb der Kita nicht mehr leisten könnte. Kirchenvorstands-Chef Thomas Kirst, zwar Leiter des HFA, aber wegen Kollision der Interessen in der Sitzung nicht dabei, hatte unter anderem vom intensiven Personalaufwand für ihn als Ehrenamtlichen berichtet. Durch den Mangel an Personal seien Gruppen geschlossen worden, die Kirche „ständig im Krisenmodus“. Zudem wolle die Gemeinde auch die Unterhaltung des Kita- und Krippen-Gebäudes abgeben. Die Stadt wird diese mit einer symbolischen Miete und danach dann aber auch alle damit verbundenen Kosten übernehmen, so Kündiger. Denn es drängt die Zeit. „Die Mitarbeiterinnen und Eltern wollen Klarheit haben, weil die Verunsicherung sehr groß ist.“ Die Vielfalt bei den Trägern bleibe ja erhalten. Die Stadt führt zwei Kitas in Fischbach und Eppenhain sowie eine Krippe in der Stadtmitte, es gibt aber insgesamt 18 Betreuungseinrichtungen. Andere Kirchengemeinden hätten abgewunken, sagte Kündiger. Sollten weitere Träger ins Spiel kommen, müsste die Sache ausgeschrieben werden, warnte Kündiger vor einer Verzögerung.
Weitere Interessenten, unter anderem hat das Deutsche Rote Kreuz mehrfach nachgehakt, wollte aber die Koalition ins Spiel bringen. FDP-Chef Michael Trawitzki sagte, es kommen weitere Sozial-Aufgaben auf die Stadt zu, die sie ebenso bewältigen müsse. Auch „andere Träger beherrschen das Geschäft“. CDU-Chef Schrage, der ein Kind in der Einrichtung hat, betonte zwar: „Wir fühlen uns da sehr wohl, möchten uns bei den Mitarbeiterinnen bedanken.“ Aber auch er fragte sich zunächst: „Ist die Stadt der beste Träger?“ Andere Initiativen seien ebenso gut aufgestellt. Und die Stadt müsse sich in der Frage eines Ausbaus der Trägerschaft einer Kita eher strategisch aufstellen, so Kalle Debus (SPD).
Kündiger wollte die Träger gar nicht vergleichen, jeder leiste hier in Kelkheim sehr gute Arbeit. Ein kleiner Vorteil der Stadt aber könnte sein, dass sie mit ihren Einrichtungen dann einen Personal-Pool habe, wo im Vertretungsfall untereinander geholfen werden kann. UKW-Chef Maximilian Alter betonte, hier müsse die Stadt nun „Sicherheit schaffen für Kinder, Eltern und das Personal“. Zumal die Kita-Plätze in wenigen Wochen vergeben werden, wie Kündiger betonte: „Ich habe große Sorgen, dass die Mitarbeiter uns sonst verlassen und der Kelkheimer Kindergartenlandschaft verloren gehen.“