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Noch einmal „Gänsehaut pur“ erleben

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Mit Schals, Shirts und Trikots fiebern die Kelkheimer Eintracht-Fans vor dem Kino. weiner
Mit Schals, Shirts und Trikots fiebern die Kelkheimer Eintracht-Fans vor dem Kino. weiner © wein

Stadt hat eine besondere Eintracht-Fanszene, die zur Filmpremiere im Kino gemeinsam leidet und jubelt

Kelkheim - So wie im Stadion ist es irgendwie nicht. Der Kinosaal bietet aber kuschelige Sessel und ein warmes Umfeld. Doch Stimmung kommt schon langsam auf. Im Foyer klingt die „Eintracht vom Main“ aus einem Mini-Megafon, Schals in Schwarz und Weiß sowie viele T-Shirts vom Euro-League-Gewinn 2022 in Sevilla bestimmen das Bild. Der eine oder andere Fangesang wird angestimmt. Es ist auch ohne Bundesliga in der Länderspielpause beste Fußballstimmung hier an diesem Sonntag im Kelkheimer Kino.

Mittendrin zwei Eintracht-Fans, die mehr sind als das. Sie lieben und leben diesen Verein. Claudia Weber und Peter Morgenstern sind befreundet. Da jetzt der Film „In diesem Jahr“ im Kino läuft, hat Weber den Kumpel für ihre Idee begeistern können: einen Saal zur Premiere zu füllen vor allem mit Eintracht-Fans aus Kelkheim. Das ist ihnen gelungen: Gut 90 Anhänger tauchen das Lichtspielhaus in die Vereinsfarben Schwarz und Weiß, an der Eingangstür zum Saal hängt eine große Fahne mit Adler. Bei Bier, selbst gekeltertem Ebbelwoi, Kuchen und Herzhaftem stimmen sich die Besucher auf die kommenden 120 Minuten ein - also ein Spiel plus Verlängerung, was die Eintracht ja vom Europapokal kennt. „Nicht das Ende verraten vom Film“, ruft einer. Und doch ist klar: Sie wollen noch einmal den Sieg im Finale nach Elfmeterschießen gegen die Glasgow Rangers miterleben und mitfeiern.

Das ist natürlich nicht so wie damals live in Sevilla. Claudia Weber war dabei, erhofft sich nun vom Film trotzdem „Gänsehaut pur“ und hat sich gleich mal in diese erste Reihe gesetzt. Ganz vorne ist sie auch in der Fanszene der Eintracht. Durch verschiedene Aktivitäten im Soccer-Club und bei den „Junior-Adlern“ wurde sie in der Fan- und Förderabteilung bekannt. Und nun spielt sie quasi offizielle „Reiseleiterin“, wenn die Anhänger auf Touren durch Europa gehen. Platz sechs erhofft sie sich in dieser Saison.

Ihr Kumpel Morgenstern würde das unterschreiben. Er freut sich, dass der Kinoverein ihre Idee unterstützt hat und die Kelkheimer so eine bunte Eintracht-Szene haben. Weber sieht aber inzwischen eine Menge Erfolgsfans, sie hingegen sei auch in der 2. Bundesliga gerne dabei gewesen, „das war schon noch familiärer“. Fans anderer Vereine würden in der Möbelstadt „nicht geduldet“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Wer hier geboren wird, erhalte oft gleich eine Anmeldung für den Fußballverein.

Einer der glühendsten Eintracht-Fans in Kelkheim ist Bürgermeister Albrecht Kündiger. Das Finale hat er nicht in Sevilla gesehen, sondern ein Public Viewing mit gut 800 Leuten auf dem Marktplatz organisiert - das sei kulturell „das Highlight letztes Jahr“ gewesen, findet er. Durch die Erfolge gebe es „so viele Eintracht-Fans wie nie“, sieht auch er eine gewisse Schattenseite. Viele hier im Kino, „die kennen noch die Zeiten, als wir in der 2. Liga beim VfB Oldenburg waren“. Einige hängen mehr am Verein als „so mancher Aktiver“, sagt er mit Blick auf Spieler, Funktionäre.

Michael Foeller, Vorsitzender des Hornauer Gesangvereins „Euterpe“, hat eine ganz enge Bindung ans Waldstadion. Nur einen Steinwurf entfernt wurde er geboren, hat auch die Oma gewohnt. Von dort ging’s samstags in die Arena, sein erstes Spiel war Frankfurt gegen den Wuppertaler SV - ein 1:0. Im Stadion habe es „harte Kuche“ und Apfelsaft gegeben, so Foeller. José Cabal Tomé, in Kelkheim besser bekannt als „Beppo“, würde mit der Eintracht überall hingehen. Er trage „den Adler im Herzen“, betont er und haut erstmal eine Reihe von Phrasen raus wie: „Wenn wir hinten gut stehen, brauchen wie vorne keine Tore schießen“. Er muss es wissen, war Torwart in Fischbach, Hornau, Ruppertshain und Zeilsheim, ist nun Trainer. Kündiger hat er zum Spiel in Barcelona chauffiert - er sei gefahren, der Bürgermeister habe gesungen. Als sie in Lokale in den „Ramblas“ kamen, hätten alle nur „Beppo“ gerufen“, weiß der bekannte Begleiter. Als sich der Kinosaal schließt, wird es mucksmäuschenstill. Der Weg vom Tiefpunkt beim 2:4 auf Schalke bis zum Euro-League-Sieg wird skizziert - mit Kollektiv-Jubel zum Finale.

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