Geschichtsunterricht im Theater

Michael Quast und Rainer Dachselt inszenieren für Stadt ein Gagern-Stück
Kelkheim - Wir sollten ihn fragen, ob er nicht wenigstens eine Verfassung für Hornau machen kann, für die Fraktion ,Zum Taunus’.“ Der Stammtisch im bekannten Lokal hat immer noch Hochachtung vor Heinrich von Gagern, dem wohl berühmtesten Sohn der Stadt - auch wenn dieser vor 175 Jahren als sieben Mal wiedergewählter Präsident der ersten Nationalversammlung in der Paulskirche im Grunde mit seinem Traum der Einheit Deutschlands samt Verfassung gescheitert war. Doch im Theaterstück „Revolution und Rosen“ stehen sie bei der Uraufführung in der mit mehr als 400 Besuchern fast ausverkauften Stadthalle zu ihrem Lokalmatadoren.
Es ist eine besondere Geschichte, die der in der Region bekannte Schauspieler Michael Quast und Autor Rainer Dachselt da erzählen. Eigens für die Stadt haben sie das Stück geschrieben, sich durch bergeweise Akten und Unterlagen gearbeitet. In der Tat ist das, was Quast als Heinrich von Gagern und sein Ensemble von der „Fliegenden Volksbühne Frankfurt“ mit Pirkko Cremer, Sam Michelson, Detlev Nyga sowie Vassily Dück am Akkordeon bieten, etwas ganz Besonderes.
Kurzweilig verbinden die Schauspieler Fakten aus der Geschichte mit erfunden, gespielten Szenen etwa vom Stammtisch und Liedern, die von Freiheit, Revolution und Aufbruch handeln. Lisa Gruhnert aus Kelkheim lobt: „So müsste Geschichtsunterricht immer sein, das ist einprägsam.“ Die Historie mit Menschen zu erzählen, das findet die Ideengeberin, Kulturamtsleiterin Beate Matuschek, wichtig. „Die Hornauer können stolz darauf sein.“
ZWEITE AUFFÜHRUNG
Zur Premiere konnte die Stadt Nachfahren von Heinrich von Gagern begrüßen: Rüdiger von Gagern mit Frau Adelheid, Consuelo Gräfin von Ballestrem und Benedikt von Gagern.
Erster Stadtrat Dirk Hofmann ist auch stolz darauf, dass in Kelkheim ein „Teil der Wiege der deutschen Demokrate“ steht. Er dankte den Unterstützern Kulturfonds Frankfurt/Rhein-Main, „Orte der Demokratiegeschichte“ und „Bürger für Hornau“.
Das Stück wird am Samstag, 25. Februar, um 19 Uhr (Einlass 18 Uhr) noch einmal aufgeführt. Die Karten kosten 20 Euro, sind in der Bücherstube Tolksdorf, bei Pabst Post & Paper und Violas Bücherwurm zu haben. wein
Natürlich hat das Stück einen ernsten, historischen Hindergrund. Vater Hans Christoph von Gagern lässt sich im Hornauer Hofgut nieder. Der Höchster Eigentümer preist ihm das Anwesen an: „Fast 1000 Jahre blicken uns an, das muss sich auch im Preis niederschlagen.“ Doch Gagern willigt ein, möchte hier nach seinen Leistungen beim „Wiener Kongress“ Rosen züchten, Bücher schreiben. Den Stammtisch freut’s: „Die Kinder sehen nett aus, ich glaub’ net, dass die die Leibeigenschaft wieder einführe“, sagt das Bärbelsche.
Die Brüder Heinrich, Max und Friedrich leisten in der Stadt noch mehr. Bei einem ihrer vielen Spaziergänge auf den Staufen schwören sie, sich für die Einheit Deutschlands einzusetzen. Sie klettern dafür auf Stühle und den Tisch und besiegeln das per Handschlag. „Wenn das Vaterland klopft, öffnen wir die Tür. Wir werden treu zusammenstehen und handeln wie ein Mann“, lautet ihr „Staufenschwur“.
Im zweiten Teil weiß schon die Hornauer Fraktion „Zum Taunus“ beim Schoppen: „Es geht ein Gespenst in Europa um - die Revolution.“ Auch sie wollen in Hornau „e bissi Unruh“ machen. Heinrich muss mit ansehen, wie sein Bruder beim „Hecker-Aufstand“ stirbt. Doch stoppen lässt sich der Gagern-Quast nicht, zieht am 18. Mai 1848 in die Nationalversammlung ein, wird mit überwältigender Mehrheit Präsident. Die Damen, nur als Beobachterinnen zugelassen, schwärmen von ihm. Ein Abgeordneter würde ihn sogar heiraten wollen. „Um Gagerns erste Frau zu sein, könnte ich auf meinen Parlamentssitz verzichten.“ Ein Karikaturist stellte ihn als „donnernden Jupiter“ dar. Heinrich ist noch überzeugt: „Alle Teile des Vaterlandes werden die Opfer bringen, die für die Einheit nötig sind.“ Doch König und Fürsten spielen nicht mit, aber Gagern hat die Grundlagen gesetzt. Der Chor muss verkünden, „der Faden der Begeisterung, wie bist du Asch’ und Staub“. In der Stadthalle indes ist die Freude da, dem Geschichtsunterricht sind sie gerne zwei gute Stunden gefolgt.