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Aus für Naturgrundschule

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Anke Ziehm liebt die Natur, ihr Projekt einer Grundschule im Grünen wird sie aber nicht weiterverfolgen. schuetz
Anke Ziehm liebt die Natur, ihr Projekt einer Grundschule im Grünen wird sie aber nicht weiterverfolgen. schuetz © anja schütz

Initiatorin gibt Projekt wegen Hürden auf / Angebot für Konzept-Übernahme

Kelkheim - Anke Ziehm hatte eine Vision. Die Kelkheimerin wollte die erste Naturgrundschule im Main-Taunus-Kreis eröffnen und damit auch für Hessen, sogar bundesweit eines der Modellprojekte sein. Drei Jahre lang hatte sie das Vorhaben mit einem Team aus Lehrkräften und Pädagogen entwickelt, einen Informationsabend für Eltern präsentiert und schon ein gutes Dutzend Vorverträge gemacht. Doch Ziehm wird das Projekt jetzt selbst nicht mehr weiterverfolgen.

Sie sei „nun bereit“, ihre Idee „aus der Hand zu geben“, schreibt die Natur- und Wildnispädagogin, Systemische Therapeutin und Coach sowie Diplom-Religionspädagogin, auf der Internetseite ihrer Firma „Phöniqs“, die Naturerlebnisse vor allem für Kinder anbietet. „Gerne stehe ich beratend zur Seite. Wenn das Kultusministerium eine Naturgrundschule als Alternative zu der ,normalen’ staatlichen Schule wünscht oder wenn Initiativen eine freie oder aktive Schule in der Natur gründen wollen, habe ich ein Konzept, Informationen und Kontakte.“

Einige Wochen zuvor war noch ein Beitrag „Adieu Naturgrundschule!“ dort zu lesen. Darin bedankte sich Ziehm bei ihren Mitstreitern für eine „klasse Arbeit“, bedauerte aber gleichzeitig: „Leider, leider, scheint die Zeit nicht reif zu sein.“ Sie nennt „die gesetzlichen Hürden der Bürokratie mit schwierigen Bedingungen und unfassbarem Aufwand, ohne zu wissen, ob sie vom Schulamt bewilligt wird“. Auf Rückfrage dieser Zeitung, nennt sie Details. So sollten die Kinder in Jurten auch unterrichtet werden. Doch dafür hätte sie eine Brandschutzprüfung für rund 2000 Euro machen müssen. Auch wäre die Gründung eines Vereins oder einer Gesellschaft nötig gewesen, ohne dass sie bereits ein Grundstück für die Schule zugesichert habe. In Kelkheim war keine Fläche zu bekommen, in Hofheim hatte es Interesse gegeben - aber nur mit sicherer Grundlage. „Ich mache nicht gerne den zweiten vor dem ersten Schritt - Vereinsgründung vor Grundstück und Genehmigung“, schreibt sie.

Mehr Offenheit contra Regularien

Ziehm betont, sie habe viel Zeit, Geld und Kapazitäten in die Naturgrundschule gesteckt. Doch letztlich sei sie immer wieder gebremst worden. Etwa durch „langes Warten auf Antwort des Schulamtes während der Corona-Jahre“. Zuständig für diese Privatschule oder Ersatzschule wäre das staatliche Schulamt in Frankfurt. Dort sei eine Akte dazu angelegt worden, berichtet der Jurist und Stellvertretende Leiter Alexander Tulatz auf Nachfrage. Allerdings sei es nicht über einen informellen Status hinaus gekommen. Tulatz bietet für die Behörde an, dass sich Anke Ziehm bei weiterem Interesse natürlich wieder melden könne. „Wir sind da offen, wollen so etwas nicht verhindern.“

Aber auch er verweist auf die Rahmenbedingungen. Natürlich müsse es einen Schulträger geben, was üblicherweise ein Verein sei, aber auch eine Privatperson sein könne. Dann müsse die Finanzierung der ersten Jahre gesichert sein. Und vor allem müsse das Bildungsniveau vergleichbar mit den Regelschulen sein, „die Kinder müssen ordentlich ausgebildet werden“, so Tulatz.

Allein in Frankfurt gebe es rund 40 Privatschulen, die „gute Arbeit“ leisteten und eine Ergänzung des bestehenden Angebots seien, führt der Jurist aus. Zwischen 20 und 30 neue Anträge prüft das Schulamt im Jahr. Der Stellvertretende Leiter weiß, dass einige Genehmigungsverfahren „oft im Sande“ verlaufen, weil die Gründung einer Privatschule eben doch nicht so „banal“ sei.

Anke Ziehm kann das nicht mehr weiterhelfen. Sie hat es aufgegeben. Aber sie fände es „schön, wenn jemand die Idee übernimmt“. Denn sie ist nach wie vor von dem Konzept überzeugt, Kinder in der Natur, an der frischen Luft, mit viel Bewegung zu unterrichten. Und fragt sich schon, warum es so etwas in Deutschland kaum gebe. „In jedem anderen europäischen und auch außereuropäischen Land gibt es großes Interesse an innovativen Draußenschulen, doch nicht hier in ,old verkrustet Germany’ mit zehntausend Hürden und einer ,Bringschuld’ - Augenhöhe geht anders“, wurde sie auf ihrer Homepage deutlicher.

Sie hätte sich vorstellen können, in Hessen ein Modellprojekt daraus zu machen. Sich mit den Verantwortlichen an einen Tisch zu setzen. Es brauche in der Beschulung von Kindern „andere Ansätze“, ist sie überzeugt. Aber inzwischen steckt Ziehm ihre Energie längst in andere Projekte von „Phöniqs“, Kinderwildnis-Geburtstage, Waldbaden, Frauen-Workshops, Elterncoaching.

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