THW Hofheim hilft seit 60 Jahren

Schnelle Hilfe: Weltweiter und lokaler ziviler Katastrophenschutz – dafür steht das technische Hilfswerk Hofheim.
Als die Nachricht von der heftigen Explosion im Hafen von Beirut kommt, ist Peter Benz innerlich sofort bereit. Aber er braucht Helfer, um selbst helfen zu können. Binnen Stunden wird die Transportmaschine am Flughafen Frankfurt startklar sein, mit 15 Tonnen Ausrüstung. Peter Benz ist im Urlaub an der Nordsee. Ein Anruf nachts um 3 Uhr genügt, Kollegen vom Ortsverband Jever des Technischen Hilfswerks bringen den stellvertretenden Zugführer einer SEEBA-Einheit (Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland) mit Blaulicht und Martinshorn zum Treffpunkt. Auf dem Weg beginnt die Arbeit für Peter Benz mit Laptop und Telefon, wenig später sitzt er mit 45 Kollegen und vier Hunden im Flugzeug nach Beirut. Kleines „Marschgepäck“ kann er noch zu Hause in Hofheim abholen.
Im Flugzeug sitzt auch Simon Benz, für ihn ist es der erste SEEBA-Auftrag. Der junge Mann (28) arbeitet als Elektriker, der Zusammenhalt im THW bedeutet ihn viel. Wie der Vater ist er als „Rescue Technican“ (Bergungshelfer) an Bord. Ihre Aufgabe: Ortung und Rettung verschütteter Personen, der Einsatzbefehl kommt vom Innenministerium. Das THW in Hofheim ist Teil der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. Auslandseinsätze wie in Beirut übernehmen nur Spezialist:innen mit Zusatzausbildung in der THW-Bundesschule, Männer und Frauen, die als Profis im Ehrenamt arbeiten und im anderen Leben Arbeitgeber:innen haben, die diesen Einsatz voll unterstützen.
Es hat sie immer gegeben, diese Unterstützer:innen, in nun 60 Jahren THW in Hofheim. Architekten, Bauunternehmer, Ingenieure waren erste Adressaten, als Landrat Wagenbach 1959 zum Aufbau von Bevölkerungsschutz, Katastrophenschutz und „örtlicher Gefahrenabwehr“ aufrief. Technisch versierte Handwerker hörten den Ruf, Förster, Männer mit einem Faible für Technik. Der Kreishandwerksmeister wird erster Vorsitzender, als die Gründung des Ortsverbandes ansteht, am 5. Dezember 1960 im Hotel „Zur Krone“. Heute sind rund 50 Blauröcke im Einsatz, wenn Hilfe benötigt wird, die Gruppe ist dank „starker Jugendarbeit relativ stabil“, sagt Burkhard Bechtluft, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Leitgedanke im Zivil- und Katastrophenschutz ist immer die humanitäre Idee des Helfens. Bechtluft findet dafür ein schönes Bild: „Alleine kann’s keiner, immer schön zusammen, alles steht und fällt mit der Zusammenarbeit.“ THW-Leute sind vielseitig unterwegs mit „technischer Hilfeleistung“. Installieren Sichtschutz am Ort eines Horror-Unfalls auf der A66 bei Hofheim am 10. Oktober und leuchten die Unfallstelle bis tief in die Nacht aus, damit andere Expert:innen dort arbeiten können. Technisch bestens ausgerüstet mit Spezialfahrzeugen für alle Fälle bis hin zum Teleskopstapler und zum Mehrzweckboot. Gefragt bei großen und kleinen Katastrophen. Und als Logistiker:innen, etwa bei der „Großaufgabe Hessentag“ in der Kreisstadt 1988. Oder 1966 beim Radrennen „Rund um den Henninger Turm“, Sicherung des Terrains am Feldberg.
Jenes Jahr 1966 ging aufgrund des größten Katastropheneinsatzes vor der Haustüre in die THW-Chronik ein. Im November geriet ein führerloser Triebwagen der Königsteiner Kleinbahn in Fahrt, beschleunigte auf dem abschüssigen Gelände schnell, zwischen den Liederbacher Ortsteilen kam es zum Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Zug. Sieben Menschen starben, 80 wurden verletzt, das Hofheimer THW war mit 24 Helfern mit Sicherung und Ausleuchtung der Unfallstelle und dem Betrieb einer Feldküche für die vielen Helfer im Dauereinsatz.
Es sind die Ereignisse, die im kollektiven Gedächtnis verankert sind. Das S-Bahn-Unglück in Rüsselsheim 1990 mit 17 Toten und vielen Verletzten, der Einsatz in der „Milleniumsnacht“, sechs Tage in Frankreich nach dem verheerenden Orkan „Lothar“. Da wurden sie „Les ange bleu“ genannt, die blauen Engel mit ihren blauen Fahrzeugen, die eine neue Stromversorgung aufgebaut haben. Oder der größte Einsatz überhaupt in nun 60 Jahren Geschichte mit 50 Helfer:innen im Sommer 2002 in den Hochwasser-Krisengebieten an Elbe und Oder. „Das haben wird doch gerne gemacht“, würde jeder Helfer sagen.