„Musiker brauchen immer einen Plan B“

Andreas Walke und Henrik Schuld sind seit Jahren als Organisten im „Schlösschen“ tätig
Hofheim - Besucher der denkmalgeschützten Klosterkirche in der Schlossstraße wissen schon länger zu schätzen, was sie dort musikalisch geboten bekommen. Seit 2011 ist Andreas Walke der Organist im „Schlösschen“, seit 2016 hat er mit Henrik Schuld einen Stellvertreter, dessen Können bereits weit über den Main-Taunus-Kreis hinaus bekannt ist. Beide haben schon einige ZDF-Fernsehgottesdienste musikalisch mitgestaltet. Dafür angefragt worden seien sie im ersten Corona-Jahr 2020, erinnert sich Walke, der mittlerweile Fachreferent der Deutschen Bischofskonferenz für Kirchenmusik in ZDF-Fernsehgottesdiensten ist.
Der 46-Jährige ist schon seit seiner Kindheit „von der Orgel an sich fasziniert“, wie er sagt. Dennoch hat er zunächst nicht daran gedacht, die Kirchenmusik zu seinem Beruf zu machen. Vielmehr ist der aus Petterweil stammende Wahl-Hofheimer, der auch schon 14 Jahre bei den Kapuzinern in Frankfurt hauptamtlicher Organist war, Wirtschaftsjurist geworden. All sein musikalisches Können habe er in privat bezahlten Unterrichtsstunden erlernt, sagt Walke.
Das gilt auch für die Ausbildung seiner Tenorstimme. Die ergänzt sich wunderbar mit dem Bass von Henrik Schuld, den viele für einen Hofheimer halten. Tatsächlich wohne er schon sein ganzes Leben in Weilbach, sagt Schuld, seine musikalische Ausbildung habe aber vor allem Hofheimer Prägung, erklärt er sich die Zuordnung zur Kreisstadt. Bei Bezirkskantor Matthias Braun hat er die Königin der Instrumente zu spielen gelernt.
An der Gutenberg-Universität in Mainz hat er mittlerweile die Kirchenmusik mit dem Bachelor abgeschlossen und sich im Master lieber auf Musiktheorie und Komposition spezialisiert. Aus gutem Grund: Henrik Schuld, der mit dem Kirchenchor von St. Peter in Mainz selbst eine noch sehr große Sängerschar dirigiert, verschließt die Augen nicht vor der Entwicklung in den christlichen Kirchen. Für die Zukunft, glaubt der junge Musiker, werde man kaum noch Chöre mit 60 bis 70 Mitgliedern finden. Das werde, auch was die Stücke angehe, zu einer gewissen Vereinfachung zwingen. „Dann wird man etwa in die Dreistimmigkeit gehen“, denkt er. Da Ahnung zu haben, wie sich Sätze schnell entsprechend anpassen lassen, werde sicher hilfreich sein.
Abgesichert hat sich der 24-Jährige zusätzlich, wie Walke, durch eine zweite Ausbildung. Und das nicht nur wegen des Mitgliederschwunds und den daraus erwachsenden Konsequenzen wie den weniger werdenden Finanzmittel der Kirchen. „Als Musiker braucht man immer einen Plan B“, meint Schuld. An der Orgel brauche man gesunde Hände und Füße und eben auch eine gute Stimme. Was da ein Unfall oder eine Erkrankung bedeuten können, hat er schon bei Kollegen gesehen und seine Konsequenzen daraus gezogen. In den nächsten Wochen will er in Physik einen weiteren Bachelor unter Dach und Fach haben. Ob ihn die Kirchenmusik künftig ernähren kann, weiß Schuld noch nicht. Wie für Walke ist sie aber auch für ihn das, was ihn erfüllt. Notenblätter nutzen die beiden Musiker übrigens kaum noch. „Wir machen eigentlich alles mit dem Tablet“, erläutert Walke. Das sei auch deshalb viel praktischer, weil er darauf zugleich weitere für den Gottesdienst wichtige Informationen parat habe, die er sich zwischendurch - ganz ohne Geraschel und Zettelwirtschaft - schnell aufrufen könne.
Das noch junge „Projekt Geistlicher Ort“ im Haus vom Guten Hirten, zu dem sich seit Januar der Schwesternorden mit den Franziskanern zusammengetan hat, ist auch für Walke und Schuld eine neue Herausforderung. Denn die „Musik in der Klosterkirche“ ist eine Besonderheit des Programms. Am Sonntag, 12. März, wird es erstmals heißen: „Klang und Gesang am Sonntagnachmittag.“ Auch für den 25. Juni, 24. September und 10. Dezember sind um 15 Uhr „lyrisch-musikalische“ Programme in Planung, wie Walke sagt. „Beteiligung“ der Besucher sei dabei immer fester Bestandteil. „Sie wirken als Stimme mit“, erläutert der Musiker, der sich besonders auf den Nachmittag im Advent freut.