High-Tech made in Diedenbergen

Die Firma Solarnative produziert von Mai an Mikro-Wechselrichter für Solaranlagen
Hofheim - In Diedenbergen tut sich etwas, das in Fachkreisen gerade viel Interesse findet: Die noch junge Firma „Solarnative“ baut in zwei Hallen im neuen Gewerbepark an der Casteller Straße 104 eine „Gigafactory“ - das englische Wort für Großfabrik. Hergestellt werden sollen dort Wechselrichter für Solaranlagen, die in den Augen ihres Erfinders das Zeug haben, Bau und Betrieb von Solaranlagen zu revolutionieren.
Ideengeber für das besonders leichte und in seiner Form bisher so noch nirgends auf dem Markt vorhandene High-Tech-Produkt ist Henk Oldenkamp. In dem Frankfurter Unternehmer Dr. Julian Mattheis fand der Ingenieur aus Kassel 2019 einen in diesem Bereich erfahrenen Partner zur Neugründung einer Firma, die seinen patentierten Mikro-Wechselrichter nun in großer Stückzahl herstellen und verkaufen will.
Die Anfänge in Frankfurt-Nied
„Wir sind ein Start-up, wie es im Buche steht“, sagt Florina Thaler, die bei Solarnative für Marketing und Kommunikation zuständig ist. Für die studierte Kommunikationswissenschaftlerin, die schon in großen eingeführten Unternehmen gearbeitet hat, eine spannende Erfahrung, mitzuerleben, wie eine Firma von null an aufgebaut wird.
Die berühmte „Garage“, in der Start-ups bescheiden anfangen, steht im Fall von Solarnative in Frankfurt-Nied. Doch mit den Mitarbeitern, derzeit sind es laut Thaler bereits mehr als 30, ist auch der Platzbedarf gewachsen. Viel gehe im Home Office, sagt die Kommunikationsexpertin, doch mit der Anmietung der beiden Hallen in Diedenbergen ist auch erster Büroraum vorhanden. Noch ist überall Behelfen angesagt, der Tisch in der Küche wird auch schon mal für Konferenzen genutzt.
FINANZAUSSTATTUNG
Per Crowdfunding über die Plattform „Companisto“ haben die Gründer von Solarnative viele Kleininvestoren gefunden, die sie mit dem nötigen Millionen-Kapital für den Aufbau ihres Unternehmens ausgestattet haben.
Das enorme Interesse an dem Start-up aus Frankfurt wird in der Fachwelt auf den Solarboom und das überzeugende Konzept zurückgeführt, einen Wechselrichter anzubieten, der im sogenannten „Plug & Play“-System, über eine einfache Steckerverbindung, installiert werden kann und zudem so klein ist, dass er in den Rahmen eines Solar-Paneels passt. Weil jedes Modul einzeln gesteuert wird, verspricht der Hersteller zudem eine Optimierung der Stromerzeugung.
Auch der Ausfall oder die Beeinträchtigung einzelner Paneele werde so direkt sichtbar. Die leichte und ungefährliche Montage soll es demnächst etwa auch Dachdeckern ermöglichen, PV-Anlagen mit Solarnative-System zu installieren. babs
In den beiden zusammenhängenden Hallen arbeiten Monteure. Ein Hochregallager ist vorbereitet. Noch gut abgedeckt gegen möglichen Staub ist die sogenannte SMT-Fertigungslinie. Die Abkürzung steht für den englischen Fachbegriff „surface-mounted technology“, eine moderne Technologie der Oberflächenmontage, bei der Bauteile vollautomatisch auf eine Leiterplatte gesetzt werden. Rund eine Million Euro, so das Fachmagazin „PV“, würden von den Gründern in die Fertigung investiert. Doch nur vollautomatisch wird diese am Ende nicht vonstatten gehen, erläutert Florina Thaler. Rund 60 Mitarbeiter sollen demnächst im Zwei-Schicht-Betrieb für die Arbeiten sorgen, die nur von Hand gemacht werden können.
Weil mit der Aufnahme der Produktion der Platz in Diedenbergen komplett für diesen Teil des Unternehmens gebraucht wird, plant Thaler gerade die Arbeitsplätze für alle, die in der Unternehmensverwaltung arbeiten. Büros dafür wurden im Krifteler Gewerbegebiet Am Holzweg angemietet. „Wir werden rund 30 Arbeitsplätze dort im Office haben, mit Option auf Erweiterung“, sagt Thaler.
Der Firmensitz wird ebenfalls nach Kriftel wechseln, so Thaler. Die Produktion in Diedenbergen soll am 5. Mai offiziell eröffnet werden. Prominentester Gast ist Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Energie in Wiesbaden. Mehr Interesse an der Idee hinter Solarnative als die Politik hätten bislang Fachkreise und Fachmedien gezeigt, so Florina Thaler.
Auf der Münchner Messe „Intersolar“ sei der besonders leichte und besonders leicht verbaubare Wechselrichter gut angekommen. Nach einem „soften“ Start nach Zertifizierung durch den TÜV sollen davon laut Thaler zunächst bis zu 30 000 Stück pro Monat in Diedenbergen produziert werden. Eine Ausweitung der Kapazität auf bis zu 100 000 Stück pro Monat sei möglich. Zudem gebe es in der Halle Platz für eine zweite Fertigungslinie.
Mit potenziellen Käufern steht Solarnative in Kontakt. Besonders viel erhofft sich das Unternehmen vom Boom der sogenannten „Balkonkraftwerke“, bei denen nur ein oder zwei Solarmodule zum Einsatz kommen. Aber auch für alle anderen neu zu bauenden Solaranlagen bringe ihr Produkt gleich mehrere Vorteile, meint Florina Thaler, die auch noch die hübsche Geschichte kennt, wie es zum Firmennamen kam. Bei einem Workshop dazu hätten die beiden Gründer von ihrer langen Erfahrung mit Photovoltaik erzählt und gemeint, sie seien richtige „Solar-Natives“.