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Erdbeeren aus dem Sonnentunnel

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„Das rote Glück ist zurück“, lautet der Reim, den sich Landwirt Reiner Paul auf den Start der Erdbeersaison macht, die gestern im Main-Taunus-Kreis offiziell eröffnet wurde. babs
„Das rote Glück ist zurück“, lautet der Reim, den sich Landwirt Reiner Paul auf den Start der Erdbeersaison macht, die gestern im Main-Taunus-Kreis offiziell eröffnet wurde. babs © babs

Bauer Paul bringt die ersten Früchte auf den Markt / Eine Schale für 5,90 Euro

Hofheim - Sie kommen aus dem Tunnel und sind so etwas wie ein Naturprodukt, bei dessen Wachsen und Gedeihen der Mensch kräftig nachgeholfen hat. Das ist aber in der Landwirtschaft ohnehin längst der Normalfall. Doch wer bei 9 Grad Außentemperatur in diesem kühlen, nassen April wohlriechende und auch wohlschmeckende heimische Erdbeeren ernten will, der muss schon einigen Aufwand treiben.

Reiner Paul weiß schon länger, wie’s geht. Mittlerweile ist der Wallauer der größte Erzeuger der roten Früchte im Main-Taunus und wohl auch in der Region. Von Bad Soden bis tief in den Rheingau, nach Geisenheim, und von Kelsterbach bis Idstein finden sich Felder, auf denen der Landwirt Erdbeeren wachsen lässt. Auf insgesamt fast 50 Hektar Anbaufläche nur für diese Frucht bringt es sein Hof. 10 Hektar davon werden von Folientunneln überspannt. An einem kalten, sonnigen Wintertag sei es in einem solchen Tunnel mit um die 30 Grad mollig warm, berichtet Paul gestern beim mit großem Presseauflauf begangenen Saisonstart. Der liegt in diesem Jahr aber doch ein wenig später als im warmen Frühjahr 2022, als rekordverdächtig bereits am 16. April bei T-Shirt-Wetter die ersten Erdbeeren gepflückt, verkauft und werbewirksam präsentiert wurden. Das macht deutlich: Ganz unabhängig von äußeren Einflüssen reifen auch die roten Früchtchen in den Tunneln nicht heran.

Allein die Folienhaut macht es zudem nicht. Die Pflanzen, die bereits im Vorjahr gesetzt werden müssen, werden gezielt mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Dafür sind auf Pauls Feldern insgesamt 500 Kilometer Tropfschläuche verlegt, die nach israelitischem Vorbild ihre Gaben direkt an die Pflanzen abgeben, so dass Wasser- und Düngerverbrauch möglichst gering gehalten werden. Um so umweltschonend und kostengünstig wie möglich das Nass nutzen zu können, hat Reiner Paul ein Speicherbecken errichten lassen, das 10 000 Kubikmeter Regenwasser fassen kann.

Subventioniert worden sei der nachhaltige Bau mit keinem Euro, sagt der Landwirt, der findet, dass es unsinnigere Maßnahmen gibt, für die Fördergeld gezahlt werde. Wichtiges Standbein ist auch bei der Erdbeere aus der Region die Direktvermarktung. Die ersten beiden Stände hat Paul’s Bauernhof bereits direkt am Feld eröffnet, bis zu 35 werden es Richtung Höhepunkt der Erntezeit. Die nötigen Saison-Arbeitskräfte fürs Pflücken zu bekommen, ist für den Landwirt kein Problem. Hier hat er seit Langem rund 140 treue Helfer aus Polen und Rumänien, die nach seinen Worten gern Jahr für Jahr wiederkommen. Für Verkauf und die Logistik, für die weitere rund 200 Personen größtenteils in Teilzeit anpacken, sehe es in diesem Jahr bislang tatsächlich besser aus als noch 2022, berichtet der Wallauer. Seine Vermutung: Angesichts der Inflation, die ins private Portemonnaie Löcher reißt, seien mehr Menschen interessiert, sich im Nebenjob etwas dazu zu verdienen.

Die ersten 500-Gramm-Erdbeerschalen gehen derzeit für 5,90 Euro über den Tisch. Das entspreche dem Preisniveau von 2022, sagt Paul. Auf diesem zu bleiben habe er sich trotz eigener gestiegener Kosten entschieden. Die Menschen seien schon genug belastet, findet der Wallauer.

Landrat Michael Cyriax nahm Pauls Informationen gestern als Beleg für eine „leistungsstarke Landwirtschaft“ im MTK. Ihre Arbeit „sollten wir wertschätzen“. babs

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