Die Stadt weiterentwickeln - aber mit Maß

Kreislandwirt kritisiert geplante Wohnbaugebiete auf Kosten landwirtschaftlicher Flächen
Hofheim - Die Stadtverordnetenversammlung hatte bereits mehr als drei Stunden getagt, da platzte Jürgen Pauly (CDU) der Kragen. 55 Hektar landwirtschaftliche Fläche gingen in Deutschland täglich verloren, das entspreche 75 Fußballfeldern. Auf den landwirtschaftlichen Flächen, gab er zu bedenken, werden weithin Lebensmittel produziert. „Aktuell hungert jeder zehnte Mensch auf der Welt.“
Und dann werde in Hofheim ständig über die Ausweisung weiterer Wohn- und Gewerbegebiete gesprochen. Schon das geplante neue Gewerbegebiet in Diedenbergen tue ihm weh, es handele sich um beste Böden dort. Ein Wohngebiet „In den Gleichen“ im Hofheimer Norden könne er jedenfalls nicht gut finden. „Wir müssen Hofheim weiterentwickeln, aber alles mit Maß und Ziel“, lautet sein Plädoyer.
Das sind Töne, die man von der CDU in der Stadtverordnetenversammlung nicht unbedingt gewöhnt ist. Pauly hat als Kreislandwirt natürlich eine spezielle Perspektive. Man werde ihm wohl einen Platz in der Fraktion der Grünen anbieten, scherzten Zuschauer am Ende der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung - wozu es wohl eher nicht kommen wird.
Denn Pauly äußerte sich in dieser Weise zum Vorschlag der Grünen, noch einmal zu prüfen, ob es nicht andere Grundstücke für eine Umsiedlung der Maschinenfabrik Polar geben könnte als das geplante Gewerbegebiet In der Lach. Der Antrag wurde, wie berichtet, abgelehnt, auch weil der Magistrat genau diesen Auftrag schon hat. Aber das Thema neuer Wohn- und Gewerbeflächen ist keineswegs vom Tisch.
Ganz im Gegenteil, denn der Regionalverband bereitet eine Neufassung des Regionalen Flächennutzungsplans vor. Dieser Plan legt fest, welche Wohn- und Gewerbegebiete noch entwickelt werden dürfen. Dabei werden die Kommunen einbezogen. Die Stellungnahmen der Städte sollten in den jeweiligen Stadtverordnetenversammlungen beschlossen werden, so Thomas Horn, Direktor des Regionalverbands, zu dieser Zeitung.
In dem Punkt sehen die Linken in Hofheim allerdings ein Defizit. „Ganz Hessen diskutiert den Regionalen Flächennutzungsplan, nur Hofheim nicht“, so der Linken-Stadtverordnete Bernd Hausmann im Parlament. Tatsächlich hat Eppstein schon beschlossen, welche Wohn- und Gewerbegebiete angemeldet werden sollen. In Hofheim verfolgt der Magistrat eher die Linie, die Vorschläge des Regionalverbands abzuwarten.
Diese basieren nach Horns Worten auch auf Gesprächen, die der Regionalverband 2019 mit den Kommunen geführt hat. Freilich sieht sich der Magistrat nicht in der Lage, Flächen zu benennen, über die dabei gesprochen wurde. Es seien gar keine Flächen angemeldet worden, so der Erste Stadtrat Wolfgang Exner (CDU) in der Stadtverordnetenversammlung. Der Magistrat sei damals auch völlig anders zusammengesetzt gewesen, gab Bürgermeister Christian Vogt (CDU) zu bedenken. An der Spitze zum Beispiel stand seine Amtsvorgängerin Gisela Stang (SPD).
Dem FDP-Stadtverordneten Ralf Weber wiederum passte die ganze Richtung der Diskussion nicht. Es werde wieder einmal so getan, als würden Entscheidungen in Hinterzimmern getroffen, so Becht. Er sei zwar für Transparenz, vertraue aber auch darauf, dass der Magistrat die richtige Reihenfolge schon einhalten werde. Schließlich fand die BfH-Stadtverordnete Tanja Lindenthal den Kompromiss, auf den sich die Mehrheit von Stadtverordnetenversammlung und Magistrat einlassen konnte: Der Magistrat solle alle infrage kommenden Flächen im Planungsausschuss vorstellen. Planungsdezernent Exner sicherte zu, dass dies machbar sei, und so stimmten 37 Stadtverordnete dafür. Lediglich die drei Vertreter der FDP enthielten sich.