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Die große Zwergen-Schau

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Steinerne Zwerge in barocken Gärten und Parks zeigen die herausgehobene Stellung kleinwüchsiger Menschen an europäischen Adelshöfen, wie Museumsleiterin Dr. Inga Remmers erläutert. evh
Steinerne Zwerge in barocken Gärten und Parks zeigen die herausgehobene Stellung kleinwüchsiger Menschen an europäischen Adelshöfen, wie Museumsleiterin Dr. Inga Remmers erläutert. evh © evh

Neue Ausstellung im Stadtmuseum eröffnet am Sonntag

Hofheim - Freundliche Helferlein oder spießige Kleingartenschmuckstücke? „Am Gartenzwerg scheiden sich die Geister“, sagt Museumsleiterin Dr. Inga Remmers. Wie die Figur zur ironisch gemeinten Personifikation des Deutschen wurde, wird ab Sonntag in der neuen Ausstellung „Die riesige Welt der Zwerge. Zwerge in Kunst und Literatur“ im Stadtmuseum beleuchtet. Auf den Eingangsstufen laden 125 farbenfrohe, fröhliche Zwerge von Ottmar Hörl zum Besuch ein, einem für seine großräumigen Installationen bekannter Künstler aus Wertheim.

Zwerge sind aber keinesfalls immer harmlos, wie das von Holger Matthies gestaltete Plakat für die Ausstellung veranschaulicht. „Mit Matthies konnten wir Deutschlands bekanntesten Plakatkünstler für uns gewinnen“, ist Remmers stolz. Die Kunsthistorikerin findet es vor allem spannend, über 400 Jahre Kulturgeschichte zu beobachten, was für eine wechselvolle Geschichte diese kleinwüchsigen Wesen durchlaufen haben.

Bereits in der nordischen Mythologie des 13. Jahrhunderts werden Zwergen übermenschliche Kräfte zugesprochen, sie werden als kunstfertige Schmiede und Handwerker dargestellt und haben positive wie negative Eigenschaften. An europäischen Adelshöfen hatten kleinwüchsige Menschen im Zeitalter des Barock eine herausgehobene Stellung. Sie wurden als „Rätsel der Natur“ positiv wahrgenommen, bekleideten wichtige Ämter am Hof und genossen häufig das uneingeschränkte Vertrauen eines Herrschers. So finden sich in ganz Europa in den barocken Gärten und Parks steinerne Zwergenskulpturen.

Die in Hofheim gezeigten Abbildungen von Figuren aus weißem Untersberger Marmor sind Teile der Gartenanlage von Schloss Mirabell in Salzburg, dem ältesten Zwergengarten (1690). „Ein Highlight ist die berühmte Zwergenserie des französischen Künstlers Jaques Callot, die von anderen Künstlern in der Nachfolge vielfach aufgegriffen wurde“, sagt Remmers. Diese ist eine Leihgabe des Kupferstich-Kabinetts Dresden.

„Aufwendig“ sei die Zusammenstellung der Ausstellung gewesen, gibt Remmers zu. Die 200 Exponate - darunter Grafiken, Fotografien und Buchillustrationen - stammen aus großen Häusern vom Deutschen Plakatmuseum Essen bis zur Porzellanmanufaktur Fürstenberg sowie aus privaten Sammlungen, wie 42 Dosen und Schachteln des Heidelberger Apothekers Matthias Stoeck.

PROGRAMM

Die Vernissage zur Zwergenausstellung im Hofheimer Stadtmuseum, Burgstraße 11, ist am Sonntag, 12. März, um 11.15 Uhr. Anmeldung per E-Mail an stadtmuseum@hofheim.de

Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Begleitprogramm vom 12. März bis zum 18. Juni finden sich im Internet unter www.hofheim.de/stadtmuseum. evh

In der Literatur findet man Zwerge in Märchen der Romantik als böse Haupt- oder Nebenfigur („Schneeweißchen und Rosenrot“) oder als die hilfreichen Guten („Schneewittchen“). „Falls sie die Märchen nicht mehr genau kennen: Wir haben eine Leseecke“, empfiehlt Remmers.

Wer den Münsteraner Tatort aus dem Fernsehen kennt, weiß, dass Rechtsmediziner Prof. Dr. Dr. Boerne seine kleinwüchsige Assistentin stets mit „Alberich“ anspricht. Fies oder nett gemeint? In der Hofheimer Ausstellung wird die unterschiedliche Darstellung der Zwergenfigur Alberich im „Nibelungenlied“ (1200) und als Opernfigur in Wagners „Ring des Nibelungen“ (1876) herausgearbeitet.

Zurück zum Gartenzwerg: In der ersten Hochzeit zwischen 1900 bis 1920 sollten die Figuren den Nutzgarten verschönern. Im Nationalsozialismus unerwünscht, erlebten sie eine Renaissance in Wirtschaftswunderzeiten als Ausdruck der Sehnsucht nach Idylle und Ordnung. In der Gegenbewegung wurden Gartenzwerge zum Inbegriff deutschen Spießbürgertums. Eine Folge waren Karikaturen und provokante bis obszöne Interpretationen. Ob für Bockbier oder „Merker’s Putz Fix“: Zwerge wurden zudem als geeignete Werbefiguren eingesetzt.

Ergänzende Workshops zur Ausstellung, Führungen und Filme gibt es für Kinder, Schulklassen, Familien und Erwachsene. Rechtzeitig anmelden sollte man sich zu „Kitsch, Kult, Kunst - Kreatives After-Work“ inklusive Sektempfang, Führung und Bemalen eines Gartenzwerg-Rohlings aus Porzellan am Donnerstag, 11. Mai. Der erste Workshop dieser Art ist bereits ausgebucht.

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