Sommerhemd taugt nicht für Spendensammlung
Islamischer Verein organisiert Hilfstransporte für Erdbebenopfer / Vorsitzender klärt über „Zoll-Frage“ auf
Hattersheim - Die Unterstützung ist enorm. Seit einige Bereiche der Türkei vor einer Woche von mehreren starken Erdbeben getroffen worden sind, wollen zahlreiche Menschen helfen. Bereits kurz nach der Katastrophe entwickelte sich der Islamische Verein in Hattersheim zu einer der wichtigsten Anlaufstellen in der Region. Über 5000 Menschen aus ganz Hessen hätten bereits Sachspenden in der Fatih Camii Moschee abgegeben, berichtet der Vorsitzende Serdar Kavcioglu. Diese große Hilfsbereitschaft begeistere ihn.
150 bis 200 Helfer kümmerten sich in den ersten Tagen nach dem Unglück darum, die Spenden anzunehmen und zu sortieren. Kavcioglu spricht von „tollen Bildern“. Selbst Frauen, die ein Baby auf dem Arm trugen, hätten Kartons mit Hilfsgütern gepackt. Der Vorsitzende betont, dass nicht nur Türken und Muslime mitgeholfen haben. Er gehe davon aus, dass der Islamische Verein in Hattersheim eine der stärksten Spendenannahmestellen in ganz Hessen ist.
Dazu trugen wohl auch die guten Verbindungen des Vereinschefs bei, dessen Bruder Sahap Kavcioglu Präsident der Türkischen Zentralbank ist. Er habe direkt den Türkischen Generalkonsul kontaktiert und einen Transport über die Fluggesellschaft Turkish Airlines gesichert, berichtet der Hattersheimer. Wichtig sei ihm jedoch, hervorzuheben, dass auch viele andere Vereine tolle Arbeit leisten. „Das ist ja kein Wettbewerb“, sagt Serdar Kavcioglu.
Für Verunsicherung sorgten in den vergangenen Tagen Hinweise, dass nur Neuwaren mit Etikett angenommen werden. Sonst schicke der Zoll die Waren wieder zurück, hieß es bei Spendenaufrufen online. Einige Hattersheimer wunderten sich darüber. „Hier geht es doch nicht darum, irgendetwas ins Land zu schmuggeln, sondern zu helfen“, lautete dann eine der Äußerungen dazu. „Bei den Preisen neu kaufen kann sich nicht jeder leisten“, meinte ein anderer Hattersheimer, der befürchtete, dass aufgrund der Einschränkung weniger Spenden ankommen.
„Wir haben detailliert aussortiert“, erklärt Serdar Kavcioglu. Das Konsulat müsse einen Freigabeschein für die Fracht erstellen. Dafür sei es wichtig, das alles gründlich gepackt ist und die Paletten am Flughafen nicht wieder geöffnet werden müssen. Der Hinweis zu den Etiketten sei missverstanden worden. Es sei vor allem darum gegangen, dass nicht irgendwelche alten Überreste aus dem Keller abgeliefert werden. „Wir benötigen gezielte Spenden“, erläutert der Vereinsvorsitzende. Momentan würden vor allem Generatoren, Zelte sowie Kinder- und Tiernahrung bevorzugt.
„Wir mussten aber auch vieles wegschmeißen“, sagt Kavcioglu. Als Beispiel nennt er Bettlaken mit Urinflecken. Der Verein würde nichts verschicken, was die Menschenwürde verletzen könnte. „Leider Gottes gibt es auch Menschen, die nur ihre Keller ausräumen wollen“, meint der Hattersheimer. Selbst die abgegebene Neuware sei nicht immer sinnvoll. Mit Sommerhemden könne derzeit niemand etwas anfangen. Und auch Personen, die neue Jacken im Wert von 200 Euro abliefern wollten, handeln aus Sicht des Vorsitzenden nicht optimal. In solchen Fällen weise er darauf hin, dass die Spender lieber vier billigere Jacken kaufen sollten.
Der Islamische Verein stehe in Kontakt mit der staatlichen türkischen Hilfsorganisation AFAD, berichtet Serdar Kavcioglu. Über Kontakte vor Ort werde sichergestellt, dass die Hilfslieferungen die Betroffenen erreichen. Darüber hinaus planen Vorstandsmitglieder des Islamischen Vereins einen persönlichen Besuch im Katastrophengebiet.
Er werde mit einigen weiteren Hattersheimern in die Türkei reisen, um Überlebende des Erdbebens finanziell bei ihren notwendigen Einkäufen zu unterstützen, erklärt Kavcioglu. Mit Zelten, Kleidung und Generatoren allein sei es nämlich nicht getan.