„Fährmann ist ein extremer Nischenberuf“

Was Rathauschef Klaus Schindling (CDU) zur Kritik der SPD am eingestellten Fährbetrieb sagt
Hattersheim - Sommerliche Temperaturen luden in den vergangenen Tagen dazu ein, das Fahrrad aus der Garage zu holen und zu einem Ausflug ins Grüne aufzubrechen. Eine beliebte Anlaufstelle für Radlerinnen und Radler bleibt in diesem Frühjahr jedoch geschlossen. Die Rede ist vom Bootssteg am Okrifteler Mainufer. Dort konnten Fahrradfahrer und Spaziergänger auf die Fähre wechseln, um den Main in Richtung Kelsterbach zu überqueren. Seit der Fährmann im vergangenen Jahr verstorben ist, bleibt der Nachen jedoch auf dem Trockenen. Die Sozialdemokraten monieren nun, dass sich seit dem vorigen Jahr nichts getan habe.
Die Hattersheimer SPD will diesen Zustand nicht länger hinnehmen und fordert die Stadtverwaltung zum Handeln auf, heißt es in einer von SPD-Fraktionschef Dr. Marek Meyer unterzeichneten Mitteilung. Die Fähre in Okriftel sei ein beliebtes Angebot zur Überquerung des Mains zwischen Okriftel und Kelsterbach gewesen. Gerade für die Naherholung in der Region habe die Fähre einen Höhepunkt auf Wochenend-Radtouren dargestellt.
Nach dem plötzlichen Tod des Fährmanns im Jahr 2022 habe die Stadt Hattersheim nach neuem Personal gesucht, um den Fährbetrieb im Jahr 2023 wieder aufzunehmen, blickt die SPD zurück. Bislang habe die Stadt aber keine Lösung gefunden. Aus Sicht der SPD sei es unerklärlich, warum der Fährbetrieb immer noch ausgesetzt ist.
Marek Meyer erläutert die SPD-Sichtweise: „Es ist verständlich, dass im Jahr 2022 kurzfristig der Betrieb nicht aufrechterhalten werden konnte. Dass aber im Jahr 2023 die Fähre immer noch nicht fährt, ist ein Armutszeugnis für die Stadtverwaltung.“ Anscheinend fehle der Wille der Behördenleitung, den Fährbetrieb wieder aufzunehmen. Meyer erinnert daran, dass sich die SPD-Fraktion bereits im März mit einer Anfrage an die Stadtverwaltung nach dem Stand des Fährbetriebs erkundigt hatte. Mit der „sehr knapp gehaltenen“ Antwort des Bürgermeisters wolle sich die SPD nicht zufrieden geben.
„Die Beantwortung des Magistrats lässt nicht erkennen, dass man den Weiterbetrieb der Okrifteler Fähre mit hoher Priorität verfolgt“, urteilt Fraktionschef Meyer. Er moniert außerdem, dass kein Datum genannt werde, wann die Fähre wieder fahren soll. Die SPD nimmt nun die aus ihrer Sicht unzureichende Antwort der Stadtverwaltung zum Anlass, um mit einem Antrag in der Stadtverordnetenversammlung die Wiederaufnahme des Fährbetriebs zu fordern.
„Wir brauchen endlich mehr Engagement des Magistrats für die Okrifteler Fähre und einen verbindlichen Termin für die Aufnahme des Fährbetriebs“, fordert Marek Meyer. Für die Sommersaison müsse der Betrieb der Fähre gewährleistet sein.
Bürgermeister Klaus Schindling (CDU) versichert, dass die Stadt seit vergangenem Jahr schon mehrere Versuche gestartet habe, um die Fähre personell neu zu besetzen. Unter anderem sei die Verwaltung auf Personalsuche an das Wasser- und Schifffahrtsamt herangetreten. Außerdem habe man den Kontakt zu bestehenden Fährbetrieben gesucht. Einen Überschuss an Fährleuten gebe es derzeit aber nirgends.
„Das ist ein extremer Nischenberuf“, betont der Verwaltungschef auf Nachfrage dieser Zeitung. Um Personen zu befördern, reiche kein einfacher Sportbootführerschein aus. Wenn die Stadt Hattersheim nicht plötzlich noch Riesenglück habe, sei es nicht realistisch, dass die Fähre in dieser Saison ablegt, räumt Schindling ein.
Der Bürgermeister zeigt zumindest eine Perspektive auf: Die Stadt Hattersheim sei in Gesprächen mit einem Betreiber von Fährverbindungen auf dem Rhein. Dieser müsste allerdings neues Personal einstellen, um die Strecke zwischen Okriftel und Kelsterbach zusätzlich abzudecken. Der Stadt würden voraussichtlich Kosten von 90 000 Euro im Jahr entstehen. Zurzeit gebe es Überlegungen, diesen finanziellen Aufwand mit Kelsterbach zu teilen, erläutert Schindling.