Das Stadtmuseum ist eröffnet

Ausstellung dreht sich um Schokolade, Kelten-Ei und Rosen
Hattersheim - Als das Hattersheimer Stadtmuseum seine Pforten öffnete, erlebte mancher Besucher eine ganz persönliche Zeitreise. „Es kommen Erinnerungen hoch“, sagte Irene Haupt, nachdem sie den Ausstellungsbereich zur früheren Sarotti-Schokoladenfabrik betrachtet hatte. Die Hattersheimerin arbeitete früher selbst für den Süßwarenhersteller. 1956 habe sie bei Sarotti angefangen, erinnert sich die Seniorin. Den Schokoladengeruch habe sie noch heute in der Nase.
Sie habe erlebt, wie Laster mit Zutaten zu den Sarotti-Werken in Berlin geschickt wurden, während auf dem umgekehrten Weg Tankwagen mit flüssiger Schokolade in Hattersheim ankamen, erzählte Irene Haupt. Die gleichen Wagen habe sie nun in der Ausstellung wiederentdeckt. Die Besucherin arbeitete früher im Fertigwarenlager. Dort habe sie Aufträge zusammengestellt. Doch nicht nur das: Bei Sarotti habe sie ihren Mann kennengelernt, berichtete Irene Haupt. Kein Wunder also, dass es ihr die Abteilung Schokolade besonders angetan hat. Die Hattersheimerin fand jedoch auch andere Ecken des Stadtmuseums spannend. Als interessant hob sie etwa die Ausgrabungsfunde aus der Kelten- und Merowingerzeit hervor.
Auch andere Besucher wurden von einer persönlicher Verbundenheit getrieben. So etwa Gunnar und Marion Lang, die das Museum zusammen mit ihrer Tochter Joanne erkundeten. Die Familie habe vor rund 19 Jahren in Hattersheim gewohnt und lebe mittlerweile in Steinau an der Straße, erzählten die Eltern. Joanne Lang war damals zu jung, um sich noch an die Zeit in Hattersheim zu erinnern - sie hat mittlerweile jedoch eine eigene Verbindung zum Stadtmuseum: Als Mitarbeiterin beim Landesamt für Denkmalpflege restaurierte sie einen Michelsberger Tulpenbecher, der nun in der Ausstellung zu sehen ist. Für die Familie war dies ein doppelter Grund, an den früheren Wohnort zurückzukehren. Das Museum sei „eindrucksvoll“, meinte Gunnar Lang. Er finde es interessant, was alles in Hattersheim produziert wurde, erklärte er angesichts von Exponaten zum früheren Rosenanbau, der Phrix Papierfabrik und der Hattersheimer Glasmanufaktur.
HATTERSHEIMER STADTMUSEUM
Das Stadtmuseum soll künftig zweimal pro Woche öffnen. Am Donnerstag, 1. Juni, startet die Einrichtung in den regelmäßigen Betrieb. Das Team des Hattersheimer Geschichtsvereins empfängt Besucher donnerstags und sonntags zwischen 10 und 17 Uhr.
Erwachsene zahlen 2 Euro Eintritt für die Dauerausstellung. Für Kinder und Jugendliche ist der Besuch kostenlos.
Museumsführungen können auf Anfrage beim Geschichtsverein gebucht werden. Die Betreiber kündigen außerdem an, dass sie Pläne zur Erweiterung des pädagogischen Angebots rund ums Stadtmuseum verfolgen.
Ein Museumsladen soll in den kommenden Monaten eingerichtet werden und Besuchern die Möglichkeit bieten, Souvenirs zu erwerben.
Weitere Informationen gibt es online unter www.hattersheimer-geschichtsverein.de. sas
Frühgeschichte im westlichen Gebäudeteil
Während die Besucher Infotafeln studierten, Videos schauten und Glasvitrinen betrachteten, standen Mitglieder und Helfer des Geschichtsvereins bereit, um Fragen zu beantworten. Dies sei nun die nächste Aufgabe, nachdem die Ausstellung eingerichtet ist, erklärte Mitglied Joachim Winter. „Jetzt müssen wir es betreiben.“ Winter hielt sich vor allem in den Räumen am westlichen Gebäude-Ende auf, die der Hattersheimer Frühgeschichte gewidmet sind. Dies sei sein Lieblingsthema, erläuterte der Helfer, der persönlich dabei war, als eines der Fundstücke in den Vitrinen entdeckt wurde. Zusammen mit einem weiteren Helfer habe er miterlebt, wie der Bagger am letzten Ausgrabungstag im Nord-Westen der Stadt auf eine keltische Urne stieß. Darin enthalten war ein rasselndes Ei aus Ton, das im Museum gezeigt wird. „Es könnte ein Spielzeug gewesen sein“, sagt Joachim Winter.
Der Hessische Museumsverband feierte den Startschuss des Internationalen Museumstags in den neu eingerichteten Räumen in Hattersheim. Für die Verantwortlichen des 1985 gegründeten Hattersheimer Geschichtsvereins ging derweil ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung. Seit Jahrzehnten setzten sich die Ehrenamtler für die Ausstellung ein. In den vergangenen Jahren kam die Umsetzung dieses Plans mit der Sanierung des ehemaligen Sarotti-Werkstattgebäudes Schritt für Schritt näher. Mittlerweile hat die Stadt den Standort des Museums für 3,7 Millionen Euro erworben. Jetzt müssen die Betreiber nur noch auf einen anhaltenden Besucherstrom hoffen. Der Probelauf macht Hoffnung: Nach einer Stunde hatte der Vereinsvorsitzende Hans Franssen bereits mehr als 80 Gäste gezählt. Der Hattersheimer Altbürgermeister freut sich, dass aus den Plänen von damals endlich Realität geworden ist.

