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Pipa hört nach Drohungen auf

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Von: Jochen Dietz

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Flüchtlinge in der August Schärttner Halle in Hanau. Landrat Pipa hat wegen seiner menschlichen Flüchtlingspolitik Drohungen bekommen. Nun will er nicht mehr weitermachen.
Flüchtlinge in der August Schärttner Halle in Hanau. Landrat Pipa hat wegen seiner menschlichen Flüchtlingspolitik Drohungen bekommen. Nun will er nicht mehr weitermachen. © dpa/Archiv

Wegen seiner menschlichen Flüchtlingspolitik wird Main-Kinzig-Landrat Pipa seit langem bedroht. Ebenso seine Familie. Nun zieht der SPD-Mann Konsequenzen und will 2017 nicht mehr antreten.

Erich Pipa wird zur Landratswahl 2017 nach zwei Amtszeiten von dann insgesamt zwölf Jahren nicht mehr antreten. Das verkündete der Sozialdemokrat kurz am Montag kurz nach seinem 68. Geburtstag. „Ich werde viele Menschen damit enttäuschen, aber ich habe es mir reiflich überlegt“, erklärte er sichtlich bewegt. Dass er nach einer weiteren Amtszeit 75 Jahre alt wäre und seine Familie seit Jahren zu kurz gekommen sei, sei allerdings nur ein Grund dafür.

Das andere, gravierendere und letztlich ausschlaggebende Motiv für seine Entscheidung seien aber die fortgesetzten anonymen Bedrohungen aus der mutmaßlich rechtsextremen Ecke gegen seiner Person und seiner Familie wegen seiner menschlichen Flüchtlingspolitik.

Inzwischen habe er Hinweise auf den Täter, zumindest dessen Umfeld, den Ermittlungsbehörden mitgeteilt. „Aber ein Gespräch mit dem Staatsschutz vergangene Woche hat mir den Rest gegeben.“ Mit Hinweis auf Personalmangel und den „Rechtsstaat“ habe man ihn wissen lassen, dass etwa eine Hausdurchsuchung bei dem Verdächtigen nicht stattfinden werde. Im Klartext: Es wird nicht weiter ermittelt. „Danke für die Belehrung zum Rechtsstaat“, so Pipa bitter. „Ich fühle mich vom Staat im Stich gelassen. Das lasse ich nicht mit mir machen. Ich akzeptiere nicht mehr, dass der Staat sich nicht um demokratische Politiker kümmert und sie nicht schützt“, so Pipa tief enttäuscht.

Er geht inzwischen soweit, dass er privat 3000 Euro Belohnung für Hinweise auf den anonymen Absender aussetzt. „Helfen Sie mir“, appelliert er. „Ich möchte diesem Menschen in die Augen sehen. Das treibt mich um, das nagt an mir.“ Wenn man den Täter vergangene Woche dingfest gemacht hätte, hätte er es sich durchaus noch einmal überlegt, erneut anzutreten.

Erst vergangene Woche habe er wieder anonyme Post des sogenannten „Heimatschutz Kinzigtal“ bekommen. Darin ein Foto von ihm selbst mit dem Hinweis, er solle sich noch einmal betrachten, denn man werde ihm die „Fresse“ derart zurichten, dass alle ärztliche Kunst nicht helfe, ihn wiederherzustellen. Derlei Drohungen kämen seit Juli vergangenen Jahres in immer kürzeren Abständen. „Irgendwann muss ich an mich und meine Familie denken“, so Pipa nachdenklich.

Ob er nun seine Parteifreundin und Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler als Nachfolgerin in Stellung bringt, will er nicht sagen. „Ich werde meiner Partei intern eine Empfehlung geben.“ Zur zunächst gescheiterten Großen Koalition im Kreis will er sich auch nicht äußern:; „Ich weiß es nicht. Die CDU muss ihren Laden endlich in Ordnung bringen, sonst ist sie für uns kein Partner.“ Die Unions-Vorwürfe er habe ein Zusammengehen scheitern lassen, Wort gebrochen und „geblufft“, weist er zurück.

„Ich werde in meinem letzten Jahr noch mehr Gas geben, offener, befreiter, meine Kämpfernatur behalte ich mir. Es wird noch Farbtupfer geben“, versichert er. „Wir haben viel im Main-Kinzig-Kreis erreicht, aber jetzt müssen jüngere ran.“

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