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Hitziger Streit um Gemeinde-Fusion

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Von: Gregor Haschnik

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Die Kontroverse um den Zusammenschluss von Erlensee und Neuberg (Main-Kinzig-Kreis) spitzt sich zu. Mehrere Hundert Bürger kommen zu einer Versammlung.

Alle Plätze im Bürgerhaus in Neuberg-Rüdigheim waren am Dienstagabend besetzt. Mehrere Hundert Bürger wollten sich die Versammlung zu einer möglichen Fusion mit dem Nachbarn Erlensee nicht entgehen lassen – und erlebten eine intensive Debatte: Olaf Siebeck von der Bürgerinitiative „Neuberger für Neuberg“ kritisierte, ein Zusammenschluss würde rein wirtschaftlichen Interessen folgen und die demokratische Mitbestimmung der Neuberger erheblich einschränken. Die ökonomischen Fortschritte wären relativ gering und ließen sich auch ohne Aufgabe der Eigenständigkeit erreichen.

„Wir werden das fünfte Rad am Wagen sein!“, rief Alfred Herms und bekam viel Applaus. Und Andreas Weiß, BI-Mitglied und Vize-Fraktionschef der Neuberger CDU, übte scharfe Kritik an der von den Kommunen in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie: Es handele sich um ein Gefälligkeitsgutachten mit vielen falschen Angaben.

Erlensees Bürgermeister Stefan Erb und seine Neuberger Kollegin Iris Schröder (beide SPD) hatten im Februar 2017 einen Zusammenschluss vorgeschlagen. Seitdem wurde bei mehreren Versammlungen und Zukunftswerkstätten diskutiert. Ob eine Einheitsgemeinde entsteht, sollte nach Ansicht von Schröder und Erb in Bürgerentscheiden geklärt werden. Sie streben die Fusion bis Anfang 2021 an – auch weil dann die Kommunalwahl stattfindet und ein gemeinsames Parlament gewählt werden könnte.

Die Machbarkeitsstudie kommt zu dem Ergebnis, dass die Kommunen zusammen stärker wären – auch weil sich durch Synergien jährlich gut eine Million Euro sparen ließen. Durch eine stärkere interkommunale Kooperation gehe das nicht.

Kritiker dominieren

Bei der Versammlung sprachen auch Unterstützer eines Zusammenschlusses: Eine Bürgerin sagte etwa, in einer größeren Einheit könnte in Neuberg der Nahverkehr verbessert werden, genauso wie Angebote für Senioren.

Doch die Kritiker dominierten. Das habe sie nicht überrascht, sagten Erb und Schröder. Gegner seien eben oft „lauter“ als Befürworter. Die Bürgermeister brachten erneut ihre Argumente vor und wiesen die Vorwürfe entschieden zurück: Mit einer zusätzlichen Million Euro pro Jahr ließe sich viel erreichen, Neuberg könnte wieder seine freiwilligen sozialen Leistungen ausbauen, nach Jahren des Kürzens, sagte Schröder. Zudem würde sich die Personalsituation in der Verwaltung verbessern. Für Neuberg sei es schwierig, neue qualifizierte Leute zu bekommen.

Stefan Erb betonte, zusammen hätte man ein größeres Gewicht in der Region, zum Beispiel bei Verhandlungen zum ÖPNV. Die Studie sei korrekt und nachvollziehbar. Und im künftigen Parlament würden die Parteien darauf achten, dass Neuberger gut vertreten sind – schon deshalb, weil sie bei der nächsten Wahl auch dort viele Stimmen bekommen wollten.

In Erlensee hat das Stadtparlament bereits 2018 einstimmig beschlossen, dass am 26. Mai, im Zuge der Europawahl, ein Bürgerentscheid zur Fusion stattfindet. Außerdem haben die Stadtverordneten entschieden, den Bürgern zu empfehlen, für den Zusammenschluss zu stimmen.

In Neuberg sollen die Gemeindevertreter am 23. Januar, eine Grundsatzentscheidung fällen. Sprechen sie sich dafür aus, müsste auch hier im Mai ein Bürgerentscheid stattfinden. Damit es dazu kommt, braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Die CDU-Fraktion mit ihren sieben Mitgliedern will einer Fusion nicht zustimmen. Von den 23 Gemeindevertretern stellt die SPD zehn, die sich hinter ihre Bürgermeisterin stellen dürften. Die Grünen haben zwei Sitze, die Neuberger Liste vier. Erstere gelten als basisdemokratisch, bei letzterer wird auch eher mit einer Zustimmung gerechnet. Damit die Bürger im Mai entscheiden, müssten SPD, Grüne und NL also alle anwesend sein und geschlossen mit Ja stimmen. Es wird auf jeden Fall eng.

Die Kommunen im Überblick: Die Stadt Erlensee hat 14 000 Einwohner und besteht aus den Stadtteilen Rückingen und Langendiebach. Für das Haushaltsjahr 2019 kalkuliert Erlensee mit einem Plus von 700 000 Euro.

In der Nachbargemeinde Neuberg leben 5400 Menschen in den Ortsteilen Ravolzhausen und Rüdigheim. Neuberg rechnet für 2019 mit einem ähnlichen Etatüberschuss wie Erlensee. gha

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