Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Hanau: Aufklärung „geht zäh voran“

Die Fraktionen haben eine Zwischenbilanz zum Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Hanau gezogen. Die CDU verteidigt die hessischen Behörden, die SPD und andere üben Kritik.
Die Mitglieder des Landtagsuntersuchungsausschusses zum Terroranschlag von Hanau haben nach den ersten 17 Sitzungen eine gemischte Zwischenbilanz gezogen. Die Aussagen der Angehörigen und Überlebenden hätten wichtige Erkenntnisse gebracht, sagte Heike Hofmann, Obfrau für die SPD-Fraktion: So müsse der Umgang mit den Opfern verbessert werden, die Maßnahmen der Behörden in der Tatnacht und danach seien unzureichend gewesen. Die Sachverständigen hätten das Bild einer Überforderung von Einsatzkräften und Institutionen bestätigt und immer wieder den Personalmangel betont, so Hofmann. Zudem müsse das Waffenrecht verschärft werden. Waffen gehörten nicht in die Hände von psychisch kranken Menschen und Rechtsextremen.
Jörg Michael Müller (CDU) betonte derweil, trotz noch offener Fragen etwa zum Notausgang am zweiten Tatort, der Arena-Bar, stehe bereits fest, dass Hessens Polizei- und Ermittlungsbehörden den Anschlag nicht hätten verhindern können. Die Gefährlichkeit des Attentäters zum Beispiel sei im Vorfeld nicht zu erkennen gewesen. Die Einsatzkräfte hätten nach der Tat engagiert gute Arbeit geleistet.
Der Ausschuss, der im Juli 2021 seine Arbeit aufgenommen hat, soll bis Mitte 2023 klären, welche Fehler hessische Behörden in Zusammenhang mit den Attentaten gemacht haben und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Bei dem Anschlag am 19. Februar 2020 waren neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen worden.
Nach Ansicht von Jörg-Uwe Hahn (FDP) sind etwa Staatsanwaltschaft und Polizei gewissenhaft mit den ihnen zum Täter vorliegenden Informationen umgegangen, allerdings gebe es noch einiges aufzuklären, zum Beispiel zum Waffenbesitz des Terroristen.
Der Umgang mit den Angehörigen nach dem Anschlag wird auch von Vanessa Gronemann (Grüne) als weder angemessen noch sachgerecht kritisiert. Die Verwandten wurden unter anderem eine Woche lang darüber im Unklaren gelassen, wo die Leichname der Opfer waren. Gronemann bemängelt zudem, dass die Arbeit des Ausschusses immer wieder an Grenzen stoße, auch weil sich Zeug:innen wegen laufender Ermittlungsverfahren auf ihr Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht beriefen.
Laut Linken-Obfrau Saadet Sönmez geht die Aufklärung „zäh voran“. Dennoch sei der Ausschuss ein sinnvolles Instrument, weil deutlich geworden sei, dass gravierende Mängel das Agieren der Behörden geprägt hätten. Die Erkenntnisse seien besonders den Betroffenen sowie zivilgesellschaftlichen Netzwerken wie der Initiative 19. Februar zu verdanken, der Hinterbliebene und Unterstützer:innen angehören. Der Landesregierung hingegen mangele es trotz gegenteiliger Bekundungen an Aufklärungswillen, etwa im Hinblick auf den „desaströsen Einsatz“ am Täterhaus, das nicht dauerhaft gesichert war.
Der Ausschussvorsitzende Marius Weiß (SPD) hat am Montag eine erste Bilanz präsentiert. Er hob hervor, dass der Ausschuss den Angehörigen zu Beginn die Gelegenheit gegeben habe, sich umfassend zu äußern. Kritik übte Weiß am Generalbundesanwalt, der wichtiges Material, darunter Aufnahmen eines Polizeihelikopters, noch nicht geliefert habe.