Den Streit nicht gescheut

Imke Meyer ist im Laufe ihres Lebens immer wieder auf die Benachteiligung von Frauen gestoßen, bis sie 1995 beschloss, den Kampf dagegen zu ihrem Beruf zu machen. Nun geht sie nach 20 Jahren als Frauenbeauftragte der Stadt Hanau in den Ruhestand.
Schon im Vorstellungsgespräch im Jahr 1995 ging es los, erinnert sich Imke Meyer. Ob denn ihr Mann eine unbefristete Stelle habe, lautete eine Frage. Auf ihre Erwiderung, wieso das wichtig sei, antwortete der Frager: Weil ja die Gefahr bestehe, dass sie wegziehen würde, wenn ihr Mann eine neue Stelle antreten müsste. Meyer antwortete: Wenn das der Fall sein sollte, erwarte sie, dass der Mann sich nach ihrer Stelle richte. „Schallendes Gelächter war die Antwort“, berichtet sie.
Die Stelle als erste interne und externe Frauenbeauftragte in Hanau bekam sie aber trotzdem – und hat sich fast 20 Jahre lang für die Belange von Frauen eingesetzt. Ab 2008 konnte sie sich ausschließlich um die externen Probleme kümmern. Für die interne Frauenbeauftragte schuf die Stadt Hanau eine eigene Stelle, auf der bis heute Brigitte Keese arbeitet.
Am heutigen Mittwochabend wird Meyer in den Ruhestand verabschiedet – mit Reden von Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) über den Weg zu einer geschlechtergerechten Stadt und von Professorin Uta Meier-Gräwe über „Gendergerechtigkeit als Voraussetzung für eine zukunftsfähige Kommune“.
Die 150 Frauen und Männer, die für heute Abend zugesagt haben, kommen aus vielen gesellschaftlichen Gruppen, Unternehmen, Parteien und Religionsgemeinschaften. Das ist Imke Meyer wichtig. Denn in den vergangenen Jahren „haben wir zwar sehr, sehr viel verändert“ zu Gunsten von Frauen, sagt sie. Sie betont aber auch: „Es bleibt noch viel zu tun.“ Und dazu können und sollen nach Meyers Ansicht Menschen an vielen Stellen in der Gesellschaft beitragen.
Meyer selbst, die 1948 in Bremen geboren wurde, ist im Laufe ihres Lebens immer wieder auf die Benachteiligung von Frauen gestoßen – bis sie 1995 beschloss, den Kampf dagegen zu ihrem Beruf zu machen und sich auf die Stelle der Hanauer Frauenbeauftragten bewarb. Sei es im Politikstudium in Hamburg, als sie 1977 zusammen mit einer Kollegin als erste Frau einen Posten als Wissenschaftliche Hilfskraft bekam. Oder in den 1980er Jahren als Geschäftführerin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) in Hamburg und Frankfurt, wo ihr auffiel, dass der Widerstand der Frauen kaum gewürdigt wurde. Und auch als Geschäftsführerin des Ausländerbeirats von Schwalbach am Taunus stieß sie in den 1990ern immer wieder darauf, dass die Benachteiligung von Frauen nicht gesehen wurde.
Mit Verwaltung angelegt
Dagegen hat Meyer in ihrer Amtszeit ganz praktische Aktionen gesetzt wie zahlreiche Veranstaltungen und zum Beispiel die „Zeitbewusste Stadt“, wo es darum geht, Stress aus dem Alltag zu nehmen. Und sie hat sich als interne Frauenbeauftragte mit den Verantwortlichen in der Verwaltung angelegt. So sei es in ihrer ersten großen Auseinandersetzung darum gegangen, dass für einen technischen Beruf der junge Mann und nicht die junge Frau ausgewählt worden war, berichtet sie. Das Ergebnis: Beide bekamen einen Ausbildungsplatz.
In einem anderen Fall habe sie ein ganzes Bewerbungsverfahren wiederholen lassen, weil das Gleichberechtigungsgesetz für die Verwaltung nicht beachtet worden war. Das sei „eine furchtbare Zeit“ gewesen, erinnert sie sich. Doch sie ist sicher, dass sich durch diese Kämpfe etwas verändert hat in der Verwaltung.
Doch auch vermeintlich theoretische Diskussionen sind für Meyer noch lange nicht ausgestanden: So ärgert sie sich nach wie vor über die „permanente Anwendung der männlichen Form“ in der Sprache. Über diese und viele andere Diskussionen hat sich Meyer oft in der Hanauer Stadtbibliothek informiert, die zu Geschlechterthemen „sehr gut sortiert ist“, sagt sie. Dort sei über viele Untersuchungen nachzulesen, die belegten, dass „es nicht stimmt, dass die Frauen mitgedacht werden, wenn nur die männliche Form geschrieben wird“.