Stadtwerke Hanau bauen Kraftwerk
Die Stadtwerke Hanau müssen in den nächsten Jahren ein großes Heizkraftwerk bauen, sonst bleiben in vielen Wohnungen der Stadt und in der Nachbargemeinde Großkrotzenburg Heizung und Warmwasser kalt.
Bislang kommt die Fernwärme als Abfallprodukt aus der Kohleverstromung im Block 5 des Kraftwerks Staudinger. Doch damit ist nach jetziger Planung des Betreibers Uniper Ende 2025 Schluss, auch wegen des vom Bund beschlossenen Kohleausstiegs. Der Fernwärmekunde wird die Folgen auf seiner Abrechnung sehen.
Zurzeit versorgt Staudinger über die Stadtwerke Hanau (SWH) und Gemeindewerke Großkrotzenburg rund 19 000 Abnehmer mit Wärme, von Privathaushalten bis hin zu Industriebetrieben wie Dunlop oder Heraeus. Die Anzahl der Übergabestationen an die Abnehmer wächst. Im vergangenen Jahr sind mehr als einhundert dieser Abzweige hinzugekommen. Neubaugebiete und Ausbau von veralteten Ölheizungen nennt Matthias Fernitz, Bereichsleiter Dezentrale Energie bei den SWH, als Gründe. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, halten die SWH drei eigene, gasbefeuerte Heizkraftwerke in Reserve, die 2014 stark gefordert wurde, nachdem Block 5 nach einer Dampfexplosion für ein halbes Jahr außer Betrieb war.
Nach diesem Vorfall und weil Block 5 im Sommer wegen Wartung sowie aus betriebwirtschaftlichen Gründen vom Netz genommen wird, hat man bei den Stadtwerken früh über einen Strategiewandel nachgedacht, nicht zuletzt weil der Liefervertrag mit Uniper 2024 endet.
Fernwärme
Seit den 1960er liefert Staudinger Fernwärme für Großkrotzenburg und Hanau, zunächst aus Block 1, nach dessen Stilllegung aus Block 5. Neben drei Heizwerken betreiben die SHW Nahwärmeanlage in zwei Neubaugebieten. Das Fernwärmenetz ist 75 Kilometer lang. Beim Arbeitspreis schneidet Fernwärme im Vergleich zu Gas und Öl laut einiger Verbraucherportale ungünstiger ab, dafür entfallen Kosten für Anschaffung und Wartung einer Heizung. Klimaschonend ist Fernwärme, wenn sie aus einem Kohlekraftwerk kommt, nur, weil eine Individualheizanlage wegfällt. sun
Mit den „Redundanzen“, so Fernitz, könne das Netz nicht bei jeder Witterung ausreichend versorgt werden, zudem fehle dann im Störfall die Reserve. Das Ziel lautet daher, ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit einer elektrischen und thermischen Leistung von jeweils 32 Megawatt zu bauen. Über das Jahr betrachtet könnte die Anlage 75 Prozent der benötigten Wärmeleistung erzeugen, den Rest würden die Reserveheizwerke abdecken.
Bislang sind zwei Standorte in Gespräch, die ehemalige Underwood-Kaserne in Großauheim sowie Staudinger, das auf Großkrotzenburger Gemarkung liegt. Laut Fernitz laufen derzeit Gespräche mit Uniper. Eine Entscheidung gebe es voraussichtlich Ende des Jahres. Als sicher gilt hingegen, dass der Neubau rund 50 Millionen Euro kosten wird und die SHW die Finanzierung nicht allein stemmen kann. Laut Fernitz werden der Frankfurter Versorger Mainova als Anteilseigner der SWH und ein noch nicht bekannter dritter Investor, möglicherweise Uniper, den Bau finanzieren.
Brennstoff wird Erdgas sein. Die Vision von einem „Wärmenetz 4.0“ unter staatlicher Förderung lasse sich nicht realisieren. Es gebe für Hanauer Verhältnisse zu hohe Hürden. Die bestünden zum einen in der Nutzung von klimafreundlichen Wärmequellen wie Industrieabluft, Holz und Geothermie. Zum anderen beträgt laut Fernitz die Vorlauftemperatur im Netz bis zu 130 Grad Celsius. Mit Wärmenetz 4.0 fiele sie auf 95 Grad. „Eine solche Umstellung würde die Kunden etwa mit dem Einbau von Fußbodenheizung und unterstützende Solarthermie auf dem Dach sehr teuer kommen.“
Der Wechsel von der billigen Kohle in Block 5 zum Erdgas in einem BHKW wird für den Verbraucher teurer. Fernitz glaubt nicht, dass dadurch die Akzeptanz der Fernwärme leiden wird. Es werde bei einem „fairen Preis bleiben“, weil allein die Mehrkosten weitergegeben würden, versichert er. Wie hoch die Rechnung künftig ausfällt, ist noch offen. Auch weil ab 2021 laut Klimaschutzgesetz auf Erdgas eine CO2-Steuer anfallt, die jedes Jahr spürbar steigen wird.