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Die Dürrejahre und der Pilz

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Von: Detlef Sundermann

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Vorbereitung für das Fällen: Forstwirt Ian Stangl legt ein Zugseil um die Kiefer, damit diese später kontrolliert kippt. monika müller
Vorbereitung für das Fällen: Forstwirt Ian Stangl legt ein Zugseil um die Kiefer, damit diese später kontrolliert kippt. monika müller © Monika Müller

Mehr als 100 Bäume müssen in Niederrohrenbach wegen Gefahr für Menschen gefällt werden.

Peter Machel stößt einen kurzen, gellenden Schrei aus. Eine Warnung an Spaziergänger und Radler. Sekunden später stürzt eine rund 28 Meter hohe, mehrere Tonnen schwere Kiefer - zunächst mit einem Rauschen, dann mit einem Krachen - auf den Waldboden. Laub rieselt wie Schnee durch die Luft, als der fallende Baum seine Nachbarn streift. Die Fällarbeiten zählen noch nicht zur Holzernte, sondern zur Verkehrssicherung. Erstmals werden wegen der erheblichen Schäden vorsorglich Bäume entfernt. Die Forstleute sprechen von Kalamitäten. Am Dienstagmorgen kann es daher im Ortsteil Niederrodenbach an der verlängerten Adolf-Reichwein-Straße vorübergehenden zu Straßensperrung kommen, heißt es von Hessenforst. „Eigentlich sorgen wir über das ganze Jahr für Verkehrssicherung an Wegen und Straßen“, sagt Sebastian Brandenburg, zuständig für den Bereich Produktion im Forstamt Hanau-Wolfgang. Nunmehr zeige sich jedoch die Folgen der drei Dürrejahre bis 2020. Die gut einhundert Jahre alte Kiefer im Wäldchen an der Niederrodenbacher Tennisanlage, war von der Trockenheit so geschwächt worden, dass sie sich gegen den Diplodiapilz nicht mehr mit Harzfluss wehren konnte. Die Immunschwäche des Baums hätten zudem Insekten genutzt. Brandenburg zeigt auf Hunderte tierische Bohrlöcher in der Rinde, die ob des Pilzbefalls schon bei leichter Berührung abfällt.

Rund 30 Kiefern und mehr als 100 Buchen werden in den nächsten Tagen an Straßen und Wegen zwischen Niederrodenbach und Hanau-Wolfgang gefällt werden müssen, sagt Revierförster Volker Ahrend. Anders als bei der Holzernte, bei der überwiegend mit der Maschine, dem Harvester gearbeitet wird, ist bei der Verkehrssicherung der Aufwand höher. Es wird in Einzeleingriffen mit der Motorsäge oft im dichten Bestand gearbeitet. Es müssen Vorkehrungen getroffen werden, damit der Baum kontrolliert fällt. Machels Kollege Ian Stangl, beide sind Forstwirte bei Hessenforst, legt hierzu ein fast armdickes Seil in gut sechs Meter Höhe um den Stamm. Um sich das Klettern zu ersparen, hilft er sich mit einer Teleskopstange.

HOLZERNTE 2021

Trotz der hohen Nachfrage soll laut Forstamt Hanau-Wolfgang nur etwas mehr Holz als 2020 geerntet werden.

Die Zertifizierungen PEFC und FSC für eine nachhaltige Forstwirtschaft werden von Hessenforst erfüllt.

Im Verwaltungsbezirk des Forstamtes liegen 9 Revierförstereien, rund 14 000 Hektar Wald, ein Wildpark und ein Waldladen. sun

Machel spannt daweil das Tau und verbindet es mit der Stahltrosse einer Zugmaschine. Die gehört dem Großkrotzenburger Matthias Rauch. Seine Familie, so Ahrend, arbeitet seit Generationen im Auftrag des Forstamtes. Machel schneidete mit der Säge nun in geringer Höhe über der Wurzel eine Fällkerben in den Stamm, um zusätzlich die Richtung vorzugeben. Dann ein kurzer Warnschrei und Rauch lässt den schweren Dieselmotor aufgrollen, die Zugmaschine bewegt sich ein paar Meter vor. Nach einem kräftigen Ruck kippt der stattliche Stamm - allerdings nicht ganz wie geplant. „Das kann passierten, das ist das Unberechenbare“, sagt Brandenburg. Ein Ahorn wird so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass auch er gefällt werden muss.

Viel Schneebruch

Nicht nur die Dürrejahre sorgen für Gefahr, ebenso der vergangene Winter, der mit seiner ordentlichen Schneefracht einen Teil des zum Forstamt-Wolfgang gehörenden Waldes in eine Märchenlandschaft verwandelte. Allerdings war der Schnee sehr nass und damit sehr schwer, so dass dicke Äste brachen und Bäume ohne weiteres Zutun umfielen. „Unsere Forstwirte haben ein halbes Jahr benötigt, um die Schäden zu beseitigen“, sagt Brandenburg. Zumeist waren es kranke Bäume. Für den Möbelmarkt oder für den Bau tauge das Holz schon, aber oft sei die Menge, die an einem Ort anfalle, zu gering und damit zu teuer für den Transport, heißt es. Somit bleibt bestenfalls nur der Verkauf als Brennholz.

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