Ausschuss zum Anschlag in Hanau: Größere Teile der Akte geschwärzt

Im Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Hanau verweist ein Vertreter des Generalbundesanwalts bei geschwärzten Passagen auf Persönlichkeitsrechte der Opfer. Doch es gibt Hoffnung auf eine Lösung.
Wurden bei den Obduktionen nach dem Anschlag von Hanau Rechte der Ermordeten und der Hinterbliebenen verletzt? Gab es zumindest Versäumnisse beim Umgang der Behörden mit ihnen? Zwei wichtige Fragen, die der Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags beantworten soll.
Derzeit können die Mitglieder dies nur eingeschränkt tun, weil größere Teile der ihnen vorliegenden Akte zum Anschlag geschwärzt sind. Darum ging es am Montag in der nicht öffentlichen Sitzung des Ausschusses, wie die FR von Teilnehmenden erfuhr. Geladen war ein Vertreter des Generalbundesanwalts, dessen Behörde bei den Terrorermittlungen federführend war. Er soll die nicht lesbaren Passagen vor allem mit dem Opferschutz, genauer gesagt den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen, begründet haben. Höchstrichterliche Entscheidungen verlangten ein solches Vorgehen.
Ausschussmitglieder machten daraufhin etwa auf den Beschluss zur Einsetzung des Gremiums aufmerksam. Darin heißt es zum Beispiel, die Kritikpunkte zu den Obduktionen seien aufzuklären – was auch im Sinne der Angehörigen ist, die in den vorangegangenen Ausschusssitzungen beklagt hatten, sie seien vor den rechtsmedizinischen Untersuchungen nicht gehört worden. Sollte Aufklärung hier nicht möglich sein, würde der Ausschuss seinem Auftrag nicht gerecht werden, hieß es während der Sitzung am Montag. Die Mitglieder und der Generalbundesanwalt haben sich den Angaben zufolge darauf geeinigt, eine Lösung zu finden. Sie könnte darin bestehen, dass Aktenteile für die Mitglieder lesbar gemacht, aber als geheim oder vertraulich eingestuft und nicht öffentlich behandelt werden. Es sei ein konstruktives Gespräch mit dem Behördenvertreter aus Karlsruhe gewesen.
Bei dem Anschlag am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Rassist neun Menschen erschossen. Dann ermordete er seine Mutter und sich selbst. Der Generalbundesanwalt stellte seine Ermittlungen Ende 2021 ein: Der Täter habe „aus einer rassistischen Motivation“ gehandelt. Es gebe keine konkreten Anhaltspunkte für „Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser“ – auch nicht im Hinblick auf den Vater des Attentäters, der das Weltbild seines Sohnes teilt und dies auch in rassistischen Anzeigen zum Ausdruck brachte.
Der Ausschuss tagt bis Ende 2022 noch etwa 20-mal, die nächste Sitzung findet am 7. Februar statt. Dann wird es nach FR-Informationen besonders um Einsatztaktik und Krisenmanagement der Polizei gehen und darum, ob die hessischen Behörden mit den Informationen, die ihnen vor dem Anschlag über den Täter und seinen Vater vorlagen, sachgerecht umgegangen sind oder Fehler gemacht haben.
Geladen sind unter anderem der Kriminologe und Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes, den SPD, FDP und Linke hören wollten, sowie – auf Antrag von CDU und Grünen – der Psychologe und Kriminologe Martin Rettenberger, der die kriminologische Zentralstelle in Wiesbaden leitet.