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Großkrotzenburg: Staudinger soll 2040 Geschichte sein

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Von: Detlef Sundermann

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Das Kraftwerk Staudinger.
Das Kraftwerk Staudinger. © Renate Hoyer

Gemeinde und Anlagenbetreiber Uniper planen Rechenzentren und Wasserstoffproduktion auf dem Kraftwerksareal.

Die drei von 2001 bis 2012 stillgelegten Kraftwerksblöcke auf Staudinger sollen spätestens im kommenden Jahr dem Erdboden gleich gemacht werden, fordert die Gemeindevertretung von Großkrotzenburg einstimmig in einer Resolution. Anlass ist die Sorge um das Ortsbild des 7500-Einwohner-Dorfs bei Hanau. Der Druck auf den Anlagenbetreiber Uniper scheint unnötig zu sein, denn der hegt selbst Interesse, die Fläche zu räumen. Neue Pläne sollen dem Gemeindevorstand bereits vorgestellt worden sein, so Uniper. Aktuell läuft auf Staudinger der Kohleblock 5, der Ende 2024 vom Netz genommen werden soll und Block 4, der mit Erdgas befeuert als Reserve fungiert.

Das Konzept „Transformation Kraftwerk Staudinger“ zum „Gewerbegebiet an der Limesbrücke“ zeigt in mehreren Phasen die Wandlung des mehr als 50 Hektar großen Areals. Laut Uniper sollen bis 2030 die Blöcke 1 bis 3 verschwunden sein. Bis 2035 soll das auch für Block 5 und bis 2040 für den Gasblock gelten.

Der Ablauf könnte von der Bundesnetzagentur durchkreuzt werden, sagt Kraftwerksleiter Matthias Hube auf FR-Anfrage. Wenn die Behörde etwa Block 4 wie derzeit als „systemrelevante Reserve“ einstufe, müsse Uniper die Anlage auch weiterhin betriebsbereit halten. Die Systemrelevanz besteht bis 31. März 2023, teilt die Bundesnetzagentur mit. Vor Ablauf der Frist werde die Bedeutung von Block 4 vom Netzbetreiber Tennet neu bewertet, heißt es.

Kohlestrom:

Das Kraftwerk, benannt nach dem Preussen-Elektra-Chef Hans Staudinger, wurde von 1965 bis 1992 auf fünf Blöcke ausbaut, vier für Kohle.

Beim CO2-Ausstoß rangierte Staudinger 2010 unter den Kraftwerken in Deutschland auf Platz 4.

Block 6, mit der neuen Höchstleistung von einem Gigawatt, wurde 2010 aufgrund der Proteste von Bürger:innen und Kommunen nicht gebaut. sun

Sollte es so kommen, wie es das Transformation-Konzept beschreibt, dann stehen bis 2040 auf Staudinger sieben Rechenzentren. Das unweit auf Hanauer Gemarkung eines der größten Rechenzentren in Europa gebaut wird, stellt für Hube den Uniper-Plan nicht in Frage. „Der Bedarf an Rechenzentren wird steigen“, sagt er. Zu Pass könnte hierbei Staudinger kommen, dass die Stadt Frankfurt den Boom an Rechenzentren wegen deren klobigen und großvolumigen Architektur regulieren will.

Bis 2035 sollen Anlagen zur Energiespeicherung und für Fernwärme in Betrieb gehen. Zurzeit ist die Fernwärme für Großkrotzenburg und Hanau ein Nebenprodukt der Kohleverstromung von Block 5. Im vergangenen Jahr kündigten die Stadtwerke Hanau an, den Vertrag mit Staudinger 2024 auslaufen zu lassen. Bis dahin soll mit Hilfe des Frankfurter Energieversorgers Mainova, der auch Anteilseigner der Stadtwerke ist, ein Blockheizkraftwerk gebaut werden, das Hanau versorgt.

Großkrotzenburg will einen eigenen Weg auf dem Staudinger-Gelände gehen, will dort Fernwärme aus Sonnenkollektoren und mit der Wärme aus Main-Wasser zu erzeugen. Im Sommer haben die Gemeindewerke eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Technisches Neuland wird auch mit dem dritten Nutzungsschwerpunkt betreten, der Wasserstofferzeugung, für Industrie und Brennstoffzellenautos. Die Produktionsanlagen würden auf den Parzellen gebaut, auf denen noch Block 4 samt Kühlturm stehen.

Die weit sichtbare Landmarke mit ihren bis zu 130 Meter hohen Kühltürmen, den mit bis 250 Meter gen Himmel strebenden Schloten oder der 58 Meter hohen Halle für das Kohlelager werden also noch etwas stehen. Auch der Abriss der Blöcke 1 bis 3 werde noch dauern, zum einen liege noch kein gültiger Bebauungsplan vor, zum anderen verlange die komplizieren Entflechtung der Infrastruktur ein besonderes Vorgehen, so Hube.

Die Regionalversammlung hatte am 17. November grünes Licht für die Pläne gegeben. Laut Hube könnte die Genehmigung des Regierungspräsidiums Darmstadt bis Mai 2022 vorliegen. Bereits 2020 wurde auf dem beengten Areal als Testlauf ein alter Kühlturm mit der Abrissbirne niedergelegt. Die Altanlagen seien im Jahr 2000 asbestsaniert worden, was den Abbruch beschleunige, so Hube.

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