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Gerührt oder geschüttelt

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Von: Detlef Sundermann

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Hochprozentige Hommage an den Gin-Erfinder Franz de le Boë aus der Neustadt

Der Hanauer Franz de le Boë stellt in vielerlei Hinsicht eine bemerkenswerte Person dar. 1614 in der Neustadt geboren, studierte er Medizin bis zur Doktorwürde und nannte sich, wie es offenbar seinerzeit für einen hohen Gelehrten Usus war, fortan lateinisiert Franciscus Sylvius. Nach seinem Studium praktizierte er einige Jahre in Hanau, bevor er an die Universität im niederländischen Leiden ging. Dort soll er etwa die naturwissenschaftlich ausgerichtete Medizin und klinische Chemie begründet haben, die im Menschen zirkulierenden Körpersäfte erforscht und sich mit der Verdauung auseinander gesetzt haben.

Franz de le Boë hat möglicherweise aus letzterem Forschungsgebiet heraus den Gin erfunden, als Mittel gegen Magenbeschwerden. Das hat nun – rund 370 Jahre später – zwei Hanauer Kenner des Wacholderschnapses veranlasst, ihre jüngst auf den Markt gebrachte, eigene Gin-Kreation lokalpatriotisch „François“ zu nennen.

Unser Gin soll eine Hommage an Franz de le Boë sein“, sagt Lutz Hanus, der mit dem Gastronom Rocky Musleh das hochprozentige Vorhaben gestemmt hat. Bislang gehörten beide zu den Konsumenten des Klaren. Aber so richtig passte keiner der auf dem Markt befindlichen Gins in die Geschmacksmuster der beiden.

16 Zutaten sind Betriebsgeheimnis

Es war eine lange Tüftelei mit Pipette und Zutaten, bis wir die perfekte Mischung hatten“, sagt Musleh. Im fränkischen Mömbris fand sich eine Brennerei für den Schnaps, der neben Wacholder, Salbei, Basilikum, Eisenhut weitere 16 unter das Betriebsgeheimnis fallende Ingredienzien enthält. Vor der Markteinführung im Dezember recherchierten Hanus und Musleh. Hierbei entdeckten sie, dass es sich um Hanaus ersten Gin handelt und dass der Erfinder der Spirituose ein Spross einer angesehenen Familie in der Neustadt war.

Damit stand für die beiden bekennenden Hanauer fest, dass der „ursprüngliche, gradlinige, ehrliche, im Abgang leicht blumige“ 45-Prozentige nicht wie aus einer Laune heraus angedacht „No. 4“ heißen soll, sondern nach de la Boë. „Wir waren auf einen schier unglaublichen Fakt gestoßen“, sagt Hanus. Um keiner Legendenbildung zu erliegen, vergewisserte sich das Duo beim Hanauer Kulturamtschef Martin Hoppe, einem ausgewiesenen Kenner der Lokalgeschichte. Der bestätigte die Entdeckung. „François – Hanau Dry Gin“ wurde das Getränk benannt, das lange Zeit in den Niederlanden als Genever über die Wirtshaustheken ging und erst den englischen Namen Gin erhielt, als Wilhelm III. von Oranien-Nassau 1689 den englischen Thron bestieg und den Genever importierte.

Das große rote Kreuz auf dem Etikett des „François“ habe jedoch nichts mit der medizinischen Karriere des Namensgebers oder mit einer mutmaßlich medizinischen Wirkung zu zutun, klärt Musleh auf. Es sei ein verbindendes Plus-Zeichen gemeint zwischen dem Erfinder und seiner Geburtsstadt - dargestellt durch den Schwan als Wappentier der Stadt, heißt es.

Nicht zum Zuballern geeignet

Billig ist der Wacholderschnaps aus Hanau nicht. Der halbe Liter, abgefüllt in einer Apothekerflasche, kostet 35 Euro. In ausgesuchten Läden und Lokalen soll er vertrieben werden. Gin sei längst kein Alkohol mehr, um sich den Kopf zuzuballern. „Wie beim Whiskey haben sich auch die Trinkgewohnheiten beim Gin verändert“, sagt Musleh, der in seinem Lokal gelegentlich auch „Tastings“ veranstaltet.

Der „François“ vertrage sich gut mit Tonics, am besten mit solchen ohne „Flavours“ – Ursprüngliches mit Ursprünglichem. Und wer einen stärkeren Cocktail vorzieht, kann ihn auch in den Martini geben. Dann vielleicht besser nach Art von James Bond zubereitet – geschüttelt und nicht gerührt. Laut einer Studie soll der Martini beim Vermischen von Gin und Wermut im Shaker eine stärkere antioxidative Wirkung entfalten.

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