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Atari und C64 reloaded

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Retrocomputing-Treffen in Großauheim
Retrocomputing-Treffen in Großauheim © rolf oeser

Retrocomputing-Fans unter sich: Freunde alter Computer und Videospiele treffen sich zur HomeCon in Hanau-Großauheim und schwelgen in der Vergangenheit.

Von Ute Vetter

Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts kannte ich Computer nur aus Science-Fiction-Filmen. Dort waren sie große Schränke, die ratterten, blinkten und vor denen sich große Magnetbänder drehten. So etwas wollte niemand im Wohnzimmer stehen haben – was sollte man damit auch anfangen?“ Michael Hessburg, Nickname Hessi, kann heute sehr, sehr viel mit den Computern und Videospielen von damals anfangen. Der Seligenstädter organisiert mit Gleichgesinnten seit April 2009 die „HomeCon“, ein nicht-kommerzielles Treffen von Fans und Usern alter Computer. Das bereits elfte Treffen fand am Wochenende in Großauheim statt, im Bürgerhaus Alte Schule. Dort amüsierten sich die Besucher, die zum Teil extra aus Oberbayern und Chicago (USA) angereist kamen.

Die rund 20 Männer, die sich am Samstag und Sonntag dort trafen, sind Fans einer Bewegung, die es schon länger weltweit in eher kleinen Zirkeln gibt und sich „Retrocomputing“ nennt. „Aber wir sind keine pickeligen, langhaarigen Nerds, die sich nicht im normalen Leben zurechtfinden!“, betont Hessi.

Eher das Gegenteil ist der Fall. Viele arbeiten als IT-Netzwerker oder IT-Architekten, als Consultants, Techniker oder Kommunikations-Designer, alle sind aber Kenner der Materie. Sie lassen ihre Kinder mit der Spielkonsole Philipps G7000, Baujahr 1978, „Burgenschlacht“ spielen (der Joystick ist ein ergonomischer Witz) oder diskutieren über Emulationen von Programmen (Nachbilden alter Hardware). Es wird viel gelacht und gefrotzelt, veräppelt und gewitzelt. „Wir erhalten Altes, retten Daten, basteln, erinnern uns an unsere Jugend“, sagt Hessi.

Mugg (40), der im echten Leben Thomas Dadem heißt und Techniker von Beruf ist, mag das „typische Gejaule“ des Commodore C64-Betriebssounds. Der C64 wurde 16 Millionen Mal gebaut und ist nicht viel wert. „Aber wer einen C 65 besitzt, kann sich freuen, der hat den Wert eines Kleinwagens“. Matthias Schmitt (39) aus Wald-Michelbach ist Diplom-Ingenieur und hat eine Mission: Aus einem virtuellen Technik-Museum (www.tecmumas.de) ein echtes zu schaffen. Er ist ein Sammler, nennt 650 alte Computer sowie 4500 Kassetten, Bücher und Anleitungen sein eigen.

Richtig lustig wird es selbst für Computerlaien, wenn ein Atarianer wie Thorsten (38), ein IT-Solutions-Architekt aus Wiesbaden, auftaucht, Nickname ThorN. „Atari waren die besten Computer auf der Welt“, sagt er strahlend und alles grölt. Seiner kostete damals unfassbare 1500 Deutsche Mark, und wenn der Nachbarjunge auf Commodore schwörte, beschimpften sie sich gegenseitig lautstark auf der Straße. „Atarianer waren familiärer, aber in der BRD in der Minderheit“, sagt ThorN.

Einigkeit herrscht bei allen Retrocomputing-Fans aber darüber, wie gut begreif- und damit erklärbar alte Rechner waren. „Da sah man genau, wo das Gedächtnis, wo die integrierten Schaltkreise saßen, woher der Sound kam“, erklärt Hessi. Und dass IT-Jahre wie Hundejahre seien, so rasant sei die Entwicklung. Und was ein Smartphone an Rechnerleistung im Vergleich zu Computern von einst biete, sei gerade Jugendlichen gar nicht klar.

Die HomeCon ist ein offener Treff, kein elitärer Zirkel. Jeder kann vorbeikommen, alte Spielkonsolen oder Rechner anschleppen. Tipp der Retro-Experten: „Alte Computer nicht einfach anschalten – die müssen unbedingt vorher gereinigt werden!“

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