Bewegende Trauerfeier für Walter Lübcke

Bei einem Trauergottesdienst in Kassel nehmen die Menschen Abschied von dem ermordeten Walter Lübcke.
Dass Christoph Lübcke, der älteste Sohn von Walter Lübcke, bei der Trauerfeier am Donnerstagnachmittag selbst das Wort ergriff, hat wohl viele der 2000 Trauergäste, die den Gottesdienst in und außerhalb der Kasseler Martinskirche verfolgten, überrascht. Denn das war in dem Gedenkblatt für den rund zweistündigen Gottesdienst nicht angekündigt worden.
Umso mehr gingen die Worte von Christoph Lübcke, die er an seinen toten Vater richtete, unter die Haut. Im Namen seines jüngeren Bruders und seiner Mutter dankte er dem Vater für seine „große Liebe und Fürsorge“, für die Werte und Ideale, die er vermittelt habe. Die Familie habe noch so viele Pläne mit ihm gehabt. Seine Enkel werde er nicht mehr zur Schule fahren und ihnen auch nicht mehr seine „berühmte Schweinepampe“ kochen können, wie er es für ihn und seinen Bruder gemacht habe.
Bouffier: „Die Menschen liebten ihn“
Dass Regierungspräsident Walter Lübcke geschätzt und beliebt war, wurde in allen Reden deutlich. „Er mochte die Menschen, die Menschen liebten ihn. Er war beliebt, aber nicht beliebig“, sagte Volker Bouffier in seiner Würdigung über seinen Freund und Weggefährten.

Hessens Ministerpräsident und seine Frau waren zusammen mit Familie Lübcke in die Kirche gegangen, um sie bei diesem schweren Gang zu unterstützen. Bouffier würdigte Lübcke als einen „weitsichtigen und pragmatischen Regierungspräsidenten“. Und als besonderen Menschen. Trotz aller akademischer und beruflicher Erfolge sei Lübcke nie abgehoben. „Er blieb ein Junge vom Dorf, wie er es immer selbst formulierte“, sagte Bouffier. „Danke Walter, ruhe in Frieden.“
Bodenständig, fair, klug und humorvoll
Wie hoch angesehen Lübcke bei den Mitarbeitern des Regierungspräsidiums gewesen ist, wurde bei den Worten der Personalratsvorsitzenden Astrid Gerhold deutlich. Wie kein anderer habe Lübcke als Regierungspräsident und Mensch die Behörde geprägt. Er habe immer mit politischem Sachverstand und Augenmaß agiert, habe die Mitarbeiter motiviert und unterstützt und sei sich nie zu schade gewesen, selbst anzupacken.

„Er hinterlässt eine schmerzliche Lücke, und er fehlt uns“, sagte Gerhold im Namen der Mitarbeiter. Lübcke, der über die Parteigrenzen hinaus geschätzt wurde, habe mit Herz und Verstand für die Region gelebt, sagte Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle. Als Regierungspräsident sei er ein verlässlicher Partner, Wegbereiter und Wegbegleiter gewesen. Als bodenständig, fair, klug und humorvoll beschrieb Geselle den Regierungspräsidenten.
Immer noch „quälende Ungewissheit“
Bischof Martin Hein war in seiner Predigt auch auf den gewaltsamen Tod von Lübcke eingegangen. „Noch herrscht quälende Ungewissheit bei der Frage, warum Walter Lübcke ermordet wurde. Noch sind die Gedanken unruhig und manche Nächte schlaflos. Aber wir hoffen inständig darauf, dass sich das Verbrechen aufklären lässt, sodass nicht das Unfassbare das letzte Wort behält.“
In die Fürbitten bezog Hein nicht nur Familie und Angehörige ein, sondern auch die Ermittler, die jetzt die schwierige Aufgabe haben, den Täter zu überführen. Hein richtete sich auch an den unbekannten Täter mit der Bitte, sich zu stellen.

Bischof Martin Hein ging auch auf die Schmähungen im Internet ein. Wörtlich sagte Hein: „Die Würde des Menschen, auch eines verstorbenen Menschen, muss unantastbar bleiben. Auch im Netz.“ Auch Ministerpräsident Volker Bouffier erwähnte die Verunglimpfungen im Netz. Man werde derlei Schmähungen nicht mehr hinnehmen, sagte der CDU-Politiker.
„Waldecker Lied“ für Lübcke
Es war eine Trauerfeier mit Ehrenbekundungen. Der Sarg war mit der Hessen-Flagge geschmückt, Bundeswehrsoldaten und Polizisten erwiesen dem 65-Jährigen die letzte Ehre.

Der evangelische Gottesdienst, der von Ulrike Schneider (Mezzosopran), Kirchenmusikdirektor Eckhard Manz (Orgel) und dem Blechbläserquintett des Heeresmusikkorps gestaltet wurde, wäre bestimmt nach dem Geschmack von Walter Lübcke gewesen.
Besonders das Ende. Denn zum Abschluss der ergreifenden Trauerfeier gab es eine Premiere in der Martinskirche. Die Trauergemeinde sang stehend die drei Strophen des Waldecker Liedes. Der Waldecker Junge Walter Lübcke hatte die „Nationalhymne“ seiner Heimat stets auf seinem Handy parat.
Von Frank Thonicke und Ulrike Pflüger-Scherb
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