Lübcke-Mord soll kein Wahlkampf-Thema werden

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses in Hessen warnt die Parteien vor einer „politischen Schlammschlacht“. Die Opposition rüffelt Bouffier und Beuth
Fast 50 Zeugen und Zeuginnen hat der Lübcke-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags in anderthalb Jahren vernommen. Nun soll der Berichterstatter, der SPD-Abgeordnete Gerald Kummer, zügig einen Abschlussbericht erarbeiten.
Das Thema solle „aus der heißen Wahlkampfphase im Herbst herausgehalten werden“, teilte der Ausschussvorsitzende Christian Heinz (CDU) am Freitag mit. Er mahnte die Parteien: „Dieses Thema eignet sich nicht für eine politische Schlammschlacht. Demokraten unterschiedlicher Fraktionen verbindet mehr, als sie trennt.“ Am 8. Oktober wählt Hessen einen neuen Landtag.
Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) war 2019 vom Rechtsterroristen Stephan Ernst auf der Terrasse seines Hauses erschossen worden. Der Ausschuss hat herausgefunden, dass die Sicherheitsbehörden weder die rechte Szene in Nordhessen noch den Täter Ernst und seinen Kompagnon Markus H. ausreichend im Blick hatten.
Beuth und Bouffier als letzte Zeugen
Am Donnerstag hatte der Ausschuss die letzten Zeugen vernommen, den früheren Ministerpräsidenten Volker Bouffier und Innenminister Peter Beuth (beide CDU). Anschließend verständigte sich das Gremium darauf, dass es erstmals am 25. April über den Abschlussbericht beraten will, wie Heinz bekanntgab. Er solle „auf jeden Fall vor der Sommerpause, am besten noch im Juni“ im Landtag debattiert werden.
Der Vorsitzende gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Parteien sich auf einen möglichst großen gemeinsamen Teil verständigen können. Die politische Bewertung werde dann sicherlich unterschiedlich ausfallen.
War der Mord zu verhindern?
Bouffier und Beuth hatten eingeräumt, dass das Landesamt für Verfassungsschutz Fehler gemacht habe. Beide zogen aber in Zweifel, ob der Mord an Walter Lübcke anderenfalls hätte verhindert werden können.
Die Opposition sah darin einen Mangel an Einsicht. „Ob der Mord hätte verhindert werden können, kann niemand seriös sagen“, stellte FDP-Obmann Mathias Büger fest. Fakt sei: „Durch die schlechte personelle und technische Ausstattung sowie Ausbildungsdefizite hat sich das Risiko erhöht, dass Fehler passieren und konkret die vom späteren Lübcke-Mörder Stephan Ernst ausgehende Gefahr falsch eingeschätzt und in der Folge seine Akte gesperrt wurde.“
„Beuth verpasst Chance“
SPD-Obmann Günter Rudolph urteilte, Beuth habe die Chance verpasst, „angesichts des offenkundigen Behördenversagens in seinem Verantwortungsbereich endlich einmal politisch und persönlich Demut zu zeigen“.
Keine hessische Sicherheitsbehörde habe die Gefährdungslage richtig eingeschätzt, als Lübcke „im Internet von einem entfesselten Mob beschimpft und bedroht wurde, weil er sich für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus Syrien positioniert hatte“. Rudolph fügte hinzu: „All dies geschah, während Peter Beuth und sein Vorvorgänger Volker Bouffier die politische Verantwortung für die Arbeit der Sicherheitsbehörden in Hessen trugen – eine Verantwortung, der sie offenkundig nicht gerecht geworden sind.“