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Uniklinik Gießen-Marburg: Patientenwohl als Druckmittel

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Von: Jutta Rippegather

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Der Streit zwischen Land und privatisierter Uniklinik könnte die Gesundheitsversorgung gefährden. Rufe nach einem Rückkauf werden lauter.

Die Rücküberführung der Uniklinik Gießen-Marburg in das Eigentum des Landes fordert der Verein Business Crime Control. Die Landesregierung müsse die Fehlentscheidung des damaligen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch endlich korrigieren, statt Steuergelder zu privatisieren. Die FDP im Landtag wirft Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) vor, schlecht verhandelt zu haben. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Daniela Sommer, warnt vor den Folgen für kranke Menschen. „Wesentlich ist, dass die Gesundheitsversorgung uneingeschränkt erhalten bleibt.“ Dazu werde jeder und jede Beschäftigte gebraucht.

Am Montag hatte die Klinikleitung der Belegschaft in einem Brief angekündigt, die Vereinbarung mit dem Land aus dem Jahr 2017 zu kündigen. In dem Papier steht, dass die vor 16 Jahren privatisierte Uniklinik zusätzliches Geld für die Finanzierung von Forschung und Lehre erhalte plus einmalig 13 Millionen Euro für Investitionen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Rhön-Konzern, in den nächsten fünf Jahren mindestens 100 Millionen Euro zu investieren, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und Auszubildende mit entsprechendem Leistungsprofil zu übernehmen.

Mit einem Ausstieg aus der Vereinbarung würde der Kündigungsschutz wegfallen. Der Weg für Entlassungen und Outsourcing wäre frei. Eine Gefahr für die Gesundheitsversorgung, sagte die SPD-Abgeordnete Sommer. „Der Rhön-Konzern versucht offensichtlich, die Landesregierung genau damit unter Druck zu setzen.“

Das Wissenschaftsministerium verhandelt seit Monaten mit dem Rhön-Vorstand über eine Anschlussvereinbarung. Sie verliefen „leider außerordentlich schwierig“, heißt es in dem Brief an die Belegschaft. Das Land hat bereits bis zu einer knappen halben Milliarde Euro für die kommenden zehn Jahre zugesagt. Die Kündigungsankündigung sei „nicht vertrauensbildend“, ließ Dorn wissen. Auch wisse sie erst seit dem Brief von den Eigeninvestitionen in Höhe von mindestens 22 Millionen Euro pro Jahr.

Die wissenschaftspolitische Sprecherin der FDP, Lisa Deißler, forderte alle Akteure zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf: „Der unternehmerischen Freiheit darf keine politische Ideologie übergestülpt werden.“ Nach Ansicht der Linken ist die bundesweit einmalige Privatisierung einer Uniklinik gescheitert.

Auch Sozialdemokratin Sommer sieht darin keine Vorteile für das Land. Ihr Urteil: „Der neoliberale Traum vom effizienten privatwirtschaftlichen Krankenhausbetrieb, der gleichermaßen Spitzenmedizin, Spitzenforschung und Spitzenrendite gewährleistet, ist endgültig ausgeträumt.“ Sie geht aber nicht so weit wie Linke oder Business Crime Control, die den Rückkauf fordern: „Um zu retten, was zu retten ist, muss das Land nun aus einer denkbar schlechten Position heraus mit dem Konzern verhandeln.“

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