Hessischer Landtag: Streit um Korruptionsskandal

Hessens Justizministerin Kühne-Hörmann berichtet im Landtag über neue Ermittlungen gegen einen Staatsanwalt. Der Mann war ein enger Mitarbeiter des unter Korruptionsverdacht stehenden Oberstaatsanwalts Alexander B.
Wiesbaden – Der sich ausweitende Justizskandal um den unter Korruptionsverdacht stehenden Frankfurter Oberstaatsanwalt Alexander B. hat am Mittwoch erneut den Rechtsausschuss des hessischen Landtags beschäftigt. Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) antwortete auf einen Berichtsantrag der FDP- und wurde von der Opposition teils heftig angegangen.
Die Ministerin nahm vor allem Stellung zu den Ermittlungen gegen einen früheren Mitarbeiter von Alexander B., die Ende Dezember bekanntgeworden waren. Gegen den Staatsanwalt, der wie B. in einer Zentralstelle für Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt tätig war, wird wegen Beihilfe zur Untreue ermittelt. Alexander B., der im Sommer 2020 festgenommen worden war, wird unter anderem Bestechlichkeit und Untreue vorgeworfen. Er soll über Jahre Schmiergeld von Firmen bekommen haben, bei denen er medizinische Gutachten für seine Ermittlungen in Auftrag gegeben hatte. Teils soll er gezielt hohe Gutachterkosten verursacht haben, um sich zu bereichern.
Hessen: Neue Ermittlungen gegen Staatsanwalt
Justizministerin Kühne-Hörmann erklärte den Mitgliedern des Rechtsausschusses, der Verdacht gegen Alexander B.s früheren Mitarbeiter habe sich Anfang Oktober vergangenen Jahres ergeben. Erst von diesem Zeitpunkt an hätten der Frankfurter Staatsanwaltschaft, die gegen B. ermittelt, Akten aus einem Gerichtsverfahren vorgelegen, an dem der nun verdächtigte Staatsanwalt beteiligt gewesen sei.
Bei der Auswertung der Akten sei der Verdacht entstanden, der Staatsanwalt habe in Absprache oder auf Anweisung von B. zwischen Oktober 2018 und Juni 2020 in zwei Fällen mit Aufträgen an Unternehmen zu tun gehabt, die in diesem Umfang wohl nicht nötig gewesen seien. Dem Land Hessen sei potenziell ein Schaden entstanden. Seit Ende November werde daher gegen den Mann ermittelt.
Ermittlungsverfahren in Hessen: Datenträger und Akten sichergestellt
Wie Kühne-Hörmann weiter ausführte, sei sie selbst am 8. Dezember über das neue Ermittlungsverfahren informiert worden, am selben Tag, an dem der Arbeitsplatz und die Wohnung des Staatsanwaltes durchsucht wurden. Dabei seien Datenträger und Akten sichergestellt worden. Am 9. Dezember habe sie dann die Fraktionsobleute des Rechtsausschusses informiert. Der unter Verdacht geratene Staatsanwalt sei seit März 2017 für die Generalstaatsanwaltschaft tätig gewesen und habe von Herbst 2018 bis Juni 2020 mit Alexander B. zusammengearbeitet. Gegen den Beschuldigten sei kein Haftbefehl beantragt worden, sagte Kühne-Hörmann. Die Ermittlungen gegen ihn und gegen B. dauerten an.
In der anschließenden Fragerunde betonte die FDP-Abgeordnete Marion Schardt-Sauer, seit Sommer 2020 sei immer wieder betont worden, bei Alexander B. handele es sich um einen Einzeltäter. Noch im November vergangenen Jahres habe man explizit nach weiteren Verdächtigen gefragt. Sie habe den Eindruck, dass der Skandal nicht ernsthaft aufgeklärt werde.
Hessen: Keine Anklage gegen Alexander B. sei „nicht mehr erträglich“
Der SPD-Politiker Gerald Kummer nannte es „nicht mehr erträglich“, dass eineinhalb Jahre nach Bekanntwerden des Skandals immer noch keine Anklage gegen Alexander B. erhoben sei und nun ein neuer Beschuldigter bekanntwerde. Justizministerin Kühne-Hörmann müsse den Fall zur „Chefsache“ machen, forderte Kummer. Der Abgeordnete Ulrich Wilken (Linke) äußerte sein Unverständnis, warum die Ermittler:innen einen engen Mitarbeiter von B. nicht früher ins Visier genommen hätten. Kühne-Hörmann betonte, die Staatsanwaltschaft führe die Ermittlungen selbstständig, neue Verdachtsmomente könnten jederzeit bekanntwerden. (Hanning Voigts)