SPD in Hessen: Umrahmt von starken Frauen

Die hessische SPD will am Freitag ihre Spitzenkandidatur für die Hessenwahl festlegen. Kaum jemand zweifelt noch daran, dass es auf Bundesinnenministerin Nancy Faeser hinausläuft.
Die Symbolik könnte kaum deutlicher sein. Wenn sich die Spitze der hessischen SPD am Wochenende im Schlosshotel „Prinz von Hessen“ im nordosthessischen Friedewald zu ihrem traditionellen „Hessengipfel“ trifft, sind auch drei prominente Sozialdemokratinnen mit von der Partie: Nancy Faeser, Bundesinnenministerin und hessische SPD-Landesvorsitzende, Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, und Anke Rehlinger, seit April Regierungschefin des Saarlandes.
Politisch symbolträchtig ist dieses Trio, weil die Hessen-SPD am Freitag, zum Auftakt der Klausurtragung ihrer Kommunal-, Landes-, Bundes- und Europapolitiker:innen, in Friedewald ihren Spitzenkandidaten oder ihre Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl am 8. Oktober bekanntgeben will. Und wenn nicht sowieso bereits alle damit rechnen würden, dass Nancy Faeser antreten wird, dann würde das spätestens durch die Ankündigung des Besuchs von Dreyer und Rehlinger deutlich. Drei starke und erfolgreiche SPD-Frauen, zwei amtierende Ministerpräsidentinnen und eine, der das Regieren eines Bundeslandes ebenfalls zuzutrauen ist, so dürfte die politische Botschaft lauten.
Hessen: Prominente Unterstützung aus Mainz und Saarbrücken
Aber auch abgesehen von der Unterstützung aus Mainz und Saarbrücken zweifelt in der politischen Landschaft Hessens niemand mehr ernsthaft daran, dass Faeser als Spitzenkandidatin ins Rennen geht. Obwohl sie das Thema in den vergangenen Monaten bei jeder Gelegenheit gemieden hat, spricht zu vieles dafür: Faeser hat immer betont, dass ihr Herz für Hessen schlage, auch als sie recht überraschend Ende Dezember von Bundeskanzler Olaf Scholz ins Bundeskabinett nach Berlin geholt wurde. Dass Faeser das ehemals „rote Hessen“ für ihre Partei zurückgewinnen und in die Wiesbadener Staatskanzlei einziehen will, ist ein offenes Geheimnis.
Außerdem hat die hessische SPD die vergangenen Monate nicht genutzt, um eine Alternative aufzubauen. Felix Schwenke, Oberbürgermeister von Offenbach, wurde zwar vor kurzem als möglicher Kandidat gehandelt – aber nur für den Fall, dass die Landesvorsitzende Faeser es nicht machen würde. Sie ist bestens vernetzt, eine profilierte Innenpolitikerin und als Bundesministerin regelmäßig im Fernsehen zu sehen.
Hessen: Nancy Faeser könnte Boris Rhein und Tarek Al-Wazir herausfordern
Der Bekanntheitsgrad dürfte für die Hessenwahl durchaus relevant sein, immerhin muss der SPD-Kandidat oder die SPD-Kandidatin gegen den amtierenden Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) und den in Hessen ebenso bekannten wie beliebten Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) antreten. Kaum jemand könnte das im Oktober mit so großen Erfolgsaussichten tun wie die 52-jährige Faeser.
Wie gut eine mögliche Kandidatur mit Faesers bundespolitischer Karriere zu vereinen ist, wird sich noch zeigen müssen. In SPD-Kreisen wird bestätigt, was überregionale Medien berichten: dass Faeser zunächst im Bundesinnenministerium bleiben will. Erst im Frühsommer, so heißt es, werde sie das Amt abgeben, um sich ganz auf den hessischen Wahlkampf zu konzentrieren. Strategisch könnte es für Faeser sinnvoll sein, die Strahlkraft ihres Amtes noch etwas zu nutzen; ihre politischen Gegner dürften ihr dann allerdings vorhalten, sich doch nicht ganz auf Hessen festlegen zu wollen. (Pitt von Bebenburg und Hanning Voigts)