Russischer Flughafen: Fraport zu Ausstieg aufgefordert

Recherche über Militäraktivitäten an russischem Airport. Land und Bund wissen nichts davon. Die FDP fordert Konsequenzen
Neue Hinweise auf militärische Aktivitäten am Flughafen Pulkowo bei St. Petersburg haben die Diskussion über die Beteiligung der Fraport an dem Airport befeuert. Die FDP im Hessischen Landtag bekräftigte am Donnerstag ihre Forderung, die hessischen Landesbeteiligungen in Russland wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine abzugeben.
Das beträfe auch die Beteiligung der Flughafenbetreiberin Fraport in St. Petersburg. Fraport gehört zu etwa einem Drittel dem Land Hessen und hält 25 Prozent an der Betreibergesellschaft von Pulkowo.
Militärkommandantur entdeckt
Der Hessische Rundfunk hatte am Donnerstag berichtet, dass sich auf dem russischen Flughafen eine militärische Kommandantur befinde. Als Belege führte der Sender ein Türschild der Kommandantur an, das online abrufbar sei, sowie einen Anruf bei der dort angegebenen Telefonnummer, in dem sich der militärische Charakter der Einrichtung bestätigt habe. Außerdem gebe es Hinweise darauf, dass russische Militärflugzeuge in Pulkowo gestartet und gelandet seien. Dabei gehe es etwa um Maschinen der „Flugeinheit 224“, ein Frachtunternehmen, das zu 100 Prozent dem russischen Militär gehöre.
Die FDP-Landtagsabgeordnete Marion Schwardt-Sauer sagte mit Blick auf diese Recherchen: „Herr Boddenberg muss jetzt handeln. Spätestens jetzt scheint der Punkt erreicht, dass ein Festhalten an den Beteiligungen kaum mehr zu rechtfertigen ist.“
Bund forscht nach
Von einer russischen Militärkommandantur oder Militärflügen wissen nach eigenen Angaben weder Fraport noch hessische Landesregierung oder Bundesregierung etwas. Das hessische Finanzministerium berichtete auf Anfrage, man habe bei der Bundesregierung angefragt, ob ihr Kenntnisse über eine mögliche militärische Nutzung des Flughafen Pulkowo vorlägen.
„Der Krisenstab des Auswärtigen Amts hat uns daraufhin mitgeteilt, dass ihm keine Kenntnisse über eine militärische Nutzung des Flughafens Pulkowo vorliegen“, sagte der Sprecher von Finanzminister Michael Boddenberg (CDU), Ralph-Nicolas Pietzonka. „Er hat aber weitere Nachforschungen des Bundes angestoßen, die auskunftsgemäß voraussichtlich etwas Zeit beanspruchen werden.“ Wenn die Landesregierung neue Erkenntnisse erhalte, müsse sie die Lage erneut bewerten.
Keine rechtliche Handhabe
Bisher sieht das Land weder eine rechtliche Handhabe, aus der Beteiligung auszusteigen, noch hält es diesen Schritt für ein geeignetes Instrument. Wenn Fraport vertragsbrüchig werde, bestehe die Gefahr, dass die Betreibergesellschaft einen Kredit in dreistelliger Millionenhöhe nicht zurückzahle, hatte Boddenberg bereits im Haushaltsausschuss des Landtags gesagt. Damit würde man der russischen Staatsführung sogar noch Vermögenswerte schenken. Das lehne er ab.
„Grundsätzlich kann ein lang anhaltendes Ereignis höherer Gewalt wie ein Krieg oder eine Naturkatastrophe eine vorzeitige Kündigung des von der Fraport eingegangenen Vertrags begründen“, erläuterte Boddenbergs Sprecher jetzt. Diese Klauseln seien aber nicht anwendbar, da der Flughafen von den Kriegshandlungen in der Ukraine „physisch nicht betroffen“ sei. Das bedeute derzeit: „Ein Verkauf der Anteile durch Fraport ist vertragsrechtlich nicht möglich.“
Fraport-Sprecher Jürgen Harrer betonte, das Unternehmen sei ohnehin nicht ins operative Fluggeschäft in Pulkowo involviert. Angesichts der aktuellen Lage habe man alle Beratungsleistungen eingestellt. „,Business as usual‘ findet dort in keiner Weise statt“, versicherte Harrer.