Rechtsextreme Polizeichats in Hessen: Beuth muss antworten

Die Linksfraktion im hessischen Landtag legt Innenminister Peter Beuth Fragen zu rechtsextremen Chats im Polizeipräsidium Südhessen vor. Die Polizei übt sich derweil in Medienschelte.
Die neusten Enthüllungen über eine rechtsextreme Chatgruppe und andere mutmaßliche Missstände im Polizeipräsidium Südhessen treiben die Politik in Hessen weiter um. Die Linksfraktion im Hessischen Landtag hat am Dienstag einen längeren Fragenkatalog zu dem ganzen Komplex vorgelegt, den Innenminister Peter Beuth (CDU) bei der nächsten regulären Sitzung des Innenausschusses Ende April beantworten soll.
Die Linksfraktion will unter anderem wissen, wann die Vorwürfe gegen Polizist:innen des Präsidiums in Darmstadt erstmals in der Dienststelle, im Innenministerium und im Justizministerium bekannt wurden und ob in dem Fall auch gegen Whistleblower ermittelt wird. Außerdem fragt die Fraktion,warum Minister Beuth nicht früher über den Fall informiert hat und wie es angesichts der neuen Vorwürfe um die in der Vergangenheit mehrfach angekündigte verbesserte Fehlerkultur der hessischen Polizei bestellt ist.
Foto mit Hitler-Bart aus den Diensträumen
Rechtsextreme und neonazistische Chatgruppen in der hessischen Polizei waren seit Ende 2018 immer wieder öffentlich bekannt geworden, auch im ersten Frankfurter Polizeirevier und beim inzwischen aufgelösten Frankfurter Spezialeinsatzkommando (SEK).
Die Frankfurter Rundschau hatte in der vergangenen Woche berichtet, dass gegen sechs Polizist:innen des Polizeipräsidiums Südhessen wegen Beleidigung und Körperverletzung ermittelt wird. In den Jahren 2019 und 2020 sollen sie in einer Chatgruppe mit dem Namen „Die Phalanx“ Kolleg:innen in sexualisierter Sprache beleidigt haben. Außerdem finden sich in den Chatprotokollen gewaltverherrlichende und rechtsextreme Äußerungen, ein Beamter bezeichnet seine Wohnung in Anlehnung an das Hauptquartier Adolf Hitlers im damaligen Ostpreußen als „Wolfsschanze“. Derselbe Beamte hatte sich in Diensträumen auch mit einem Hitler-Bart fotografieren lassen. In dem Komplex geht es zudem um unsachgemäßen Umgang mit Schusswaffen und Verletzungen beim Aufwärmtraining, die ein Beamter einem Kollegen absichtlich zugefügt haben könnte.
Hessen: Polizeipräsidium kritisiert „undifferenzierte“ Berichterstattung
Das Polizeipräsidium Darmstadt hat sich unterdessen am Montagabend mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gewandt und beklagt, dass die „tatsächliche Lage“ in den Medien „undifferenziert“ dargestellt werde. So stamme das Foto, bei dem ein Beamter einen Hitler-Bart mit Kaffeepulver nachgeahmt habe, bereits aus dem Jahr 2016 und habe nichts mit Chats zu tun. Es auch nicht in der Chatgruppe „Die Phalanx“ gepostet worden. In dieser Gruppe sei es darum gegangen, „einzelne Mitglieder der Dienststelle, die in den Augen der beschuldigten Mitglieder ungeeignet erschienen, aus der Dienststelle zu mobben“. In diesem Zusammenhang werde wegen Beleidigung und übler Nachrede ermittelt.
Ursprünglich sei es bei den Ermittlungen, die auf Meldungen dreier Beamt:innen beim Ansprechpartner der Polizei (AdP) vom Januar vergangenen Jahres zurückgingen, um Verletzungen gegangen, die eine Beamtin und ein Beamter 2019 beim Einsatztraining erlitten hätten. Es werde derzeit noch geprüft, „ob es sich hierbei um Dienstunfälle oder vorsätzliche Straftaten handelt“. Insgesamt liefen derzeit sechs strafrechtliche Ermittlungsverfahren und vier Disziplinarverfahren, hieß es.
(Hanning Voigts)