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Preisträger aus Hessen: „Beim Planen vergesse ich mein Handicap“

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Von: Peter Hanack

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Borussia Dortmund-Fan Kevin Kleiber auf Tour in Mexiko-Stadt.
Borussia Dortmund-Fan Kevin Kleiber auf Tour in Mexiko-Stadt. © privat

Kevin Kleiber berichtet, wie man trotz Behinderung ehrenamtlich anderen helfen kann. In Frankfurt ist der Rollstuhlfahrer nun für sein Engagement mit dem Fairwandler-Preis ausgezeichnet worden.

Für sein ehrenamtliches Engagement hat Kevin Kleiber (30) aus Löhnberg im Kreis Limburg-Weilburg am Dienstag in Frankfurt den Fairwandler-Preis erhalten. Seine spastische Lähmung hindert ihn nicht daran, zu reisen und anderen zu helfen.

Herr Kleiber, Sie sitzen im Rollstuhl und verreisen gerne ...

Ja, zumindest vor Corona war das so. Seitdem ist es gefühlt schwieriger geworden, ein barrierefreies Hotels zu finden.

Es geht Ihnen dabei nicht um schöne Urlaubsreisen, sondern Sie engagieren sich im Ausland auch ehrenamtlich. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Es war immer ein Traum von mir, eine Zeit lang im Ausland zu leben. Meine Assistenten, die ich wegen meines Hilfebedarfs habe, haben alle im Ausland gelebt und sind dann nach einiger Zeit dorthin zurückgegangen. Ich konnte mir das nicht leisten, und es schien mir eigentlich unmöglich.

Wieso hat es doch geklappt?

Eine Freundin sagte, ich solle mir mal den Weltwärts-Freiwilligendienst ansehen. Da bin ich tatsächlich auf eine Organisation gestoßen, die ehrenamtliche Arbeit im Ausland auch für Menschen mit Beeinträchtigungen anbietet.

Preis und Stifter

Der Fairwandler-Preis wird bundesweit ausgeschrieben. Er würdigt das Engagement junger Menschen, die längere Zeit im Ausland waren und sich mit ihren Initiativen für eine faire und gerechtere Welt einsetzen.

Die Ausgezeichneten erhalten insgesamt ein Preisgeld in Höhe von 12 500 Euro. Außerdem bekommen sie individuelle praktische Unterstützung aus dem Ehrenamtlichen-Netzwerk des Fairwandler-Preises.

Initiiert wurde der Preis neben anderen von der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie im südhessischen Bensheim. Schirmherrin ist Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Partner sind die Christoffel-Blindenmission, Misereor, Schmitz-Stiftungen, Curacon GmbH, Deutscher Engagementpreis und die Zeitschrift Voluntaris.

Die Karl Kübel Stiftung feiert dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Den Grundstein legte Karl Kübel, der 1972 seine „3K“-Möbelwerke verkaufte und den Erlös sowie den größten Teil seines Privatvermögens in die Stiftung einbrachte. Diese setzt sich für das Wohl und die Stärkung von Kindern und Familien im In- und Ausland ein.

Mehr unter zum Engagementpreis unter fairwandler-preis.org und zur Karl Kübel Stiftung unter kk-stiftung.de pgh

Was haben Sie gemacht?

Ich war in Mexico City und habe dort in einer Einrichtung für Menschen mit einer spastischen Lähmung gearbeitet. Ich habe selbst eine spastische Lähmung, mir brauchte da niemand viel zu erklären. Ich habe zunächst im Sportunterricht geholfen, weil ich früher selbst Rollstuhlbasketball gespielt habe. Später bin ich in die Öffentlichkeitsarbeit gewechselt. Eigentlich wollte ich zwei Jahre bleiben, leider musste ich nach sechs Monaten wegen der Corona-Pandemie abbrechen und bin zurück nach Deutschland. Ich sehe mich aber gerade um, was ich jetzt als Nächstes tun könnte.

Sie haben Ihre Erfahrungen in einem Film und einem Buch verarbeitet. Warum?

Auf die Idee mit dem Film hat mich der Kameramann Yvonnic Jäckel gebracht. Der hat mit seiner Firma die Spiele der Rollstuhlbasketballer vom RSV Lahn-Dill für Fans gestreamt und war dabei auf meine Aktivitäten gestoßen. Und dann haben wir das tatsächlich umgesetzt. Wir haben Spenden bekommen und waren zusammen noch mal in Mexiko. Das Buch habe ich mit einer jungen Journalistin zusammen geschrieben, die mich für eine Lokalzeitung interviewt hatte. Wenn man filmt, muss man ja viel Material wegwerfen. Das Buch soll es Menschen ermöglichen, noch tiefere Einblick zu bekommen.

Yvonnic Jäckel sagt in dem Film, es gehe darum, die Dinge im Kopf zu verändern. Ist das auch das, was Sie verfolgen?

Mein Projekt heißt ja nun „Mobilität beginnt im Kopf“. Wenn ich Pläne mache, dann vergesse ich im Kopf erst mal mein Handicap und male mir aus, was ich tun könnte. Und erst dann fange ich an zu überlegen, wie ich das umsetzen könnte. Der erste Moment passiert immer ohne Handicap.

Sie haben ja gezeigt, dass viel mehr möglich ist, als man sonst glauben würde. Herzlichen Glückwunsch zum Fairwandler-Preis, Herr Kleiber.

Vielen Dank. Der Preis ist eine schöne Auszeichnung dafür, dass das, was wir rüberbringen wollten, etwas mehr wahrgenommen wird. Bei Menschen mit Handicaps wird oft übersehen, welche Talente die haben.

Interview: Peter Hanack

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