Nach rechten Chats: Hessens Polizei reflektiert Fehlverhalten

Hessens Innenminister Peter Beuth reagiert auf Skandale in der Polizei. Er will Fachleute-Empfehlungen bis Ende 2022 weitgehend umsetzen
Rechte Chatgruppen, illegale Abfragen von Polizeisystemen, Verrohung beim SEK: In den vergangenen Jahren gab es etliche Vorkommnisse, die beim besten Willen nicht mit dem gültigen Leitbild der hessischen Polizei vereinbar sind.
Die Polizei bemüht sich nun darum, dass sich die Beamtinnen und Beamten von ihrer Ausbildung an intensiv mit dem Leitbild befassen, in dem es heißt: „Wir sind ein unparteiischer Garant für Demokratie und Menschenrechte“ und „Wir verhalten uns vorbildlich“.
Ab April können alle sich beteiligen
Mit Unterstützung einer Beratungsfirma hat die Polizei ein Konzept entwickelt, um die Grundsätze in Workshops und anderweitig zu reflektieren. Ab April könnten sich alle Polizeibedienstete am Prozess beteiligen, teilte das Innenministerium am Dienstag auf Anfrage mit.
Expertenkommission
Rechtsextreme Chats und illegale Abfragen von Polizeisystemen waren der Anlass für den hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU), im Juli 2020 die Expertenkommission Polizei auf den Weg zu bringen.
Ein Jahr später stellte das Gremium unter Führung der Richterin Angelika Nußberger den 127 Seiten umfassenden Bericht vor.
Die zahlreichen Empfehlungen beziehen sich auf die Ausbildung der Polizei, auf eine Schärfung des Disziplinarrechts und vieles andere. pit
Die Auseinandersetzung mit dem Leitbild ist einer von vielen Aufträgen, die der Polizeiführung von der Expertenkommission Polizei im Juli 2021 auf den Weg gegeben wurden. „Die hessische Polizei hat die Empfehlungen nicht einfach zur Kenntnis genommen, sondern sie hat sie sich zu eigen gemacht und setzt sich intensiv mit ihnen auseinander“, betont Innenminister Peter Beuth (CDU). Bis Ende des Jahres solle der „überwiegende Teil“ umgesetzt sein.
Schockierende Chat-Nachrichten
Die Expertenkommission hatte dafür geworben, intern die schockierenden Chat-Nachrichten aus den rechten Gruppen aufzuarbeiten, in denen gegen Flüchtlinge und Frauen gehetzt und der Nationalsozialismus verharmlost worden war. Beuth berichtete, dass mit solchen „Transparenzveranstaltungen“ mehr als 15 000 Polizistinnen und Polizisten erreicht worden seien. „Die Betroffenheit der Teilnehmenden war greifbar“, berichtete Felix Paschek, der Leiter der Stabsstelle Fehler- und Führungskultur Polizei.
Neue Forschungsstelle in Mühlheim
Daneben wird eine Forschungsstelle „Extremismusresilienz“ an der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit eingerichtet. Sie soll ihre Arbeit im Wintersemester 2022/2023 am Campus Mühlheim am Main aufnehmen.
Die schwarz-grüne Koalition zeigte sich zufrieden. „Fehlverhalten zu erkennen, zu benennen und Konsequenzen daraus zu ziehen, ist keine Schwäche. Es stärkt im Gegenteil die gute Arbeit der übergroßen Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten“, stellte Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner fest.
CDU spricht vom „Fehlverhalten Einzelner“
Der CDU-Innenpolitiker Alexander Bauer sagte: „All diese Schritte dienen dazu, das Fehlverhalten Einzelner frühzeitig zu erkennen und die Arbeit unserer Polizeibeamten zu verbessern“.