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Mega-Aufgabe für Hessen: Geflüchtete aus der Ukraine in die Schule integrieren

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Von: Peter Hanack

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Geflüchtete Kinder bekommen in Hessen eine neue Chance auf Bildung. Insgesamt sind es fast 16.000 Schüler:innen aus der Ukraine.

Frankfurt - Hessens Schulen versuchen sich zurzeit an einer gewaltigen Aufgabe: der Integration von Tausenden Kindern und Jugendlichen, die wegen des Kriegs aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind. Knapp 16.000 sind es landesweit, einige davon besuchen die Nikolaus-August-Otto-Gesamtschule in Bad Schwalbach im Rheingau-Taunus-Kreis.

Es geht um Kinder wie Oleh und Veronika. Die beiden sind kurz nach Kriegsbeginn aus ihrer Heimat nach Deutschland geflohen. Oleh kam mit seiner Mutter aus Lwiw (Lemberg) nahe der polnisch-ukrainischen Grenze hier an, „am 2. März 2022“, wie er erzählt. Das Datum hat er fest im Kopf.

In Intensivklassen geht es ums Deutsch lernen – und darum, das Leben in Hessen kennenzulernen. Die Klassen sind klein, die Schüler und Schülerinnen kommen aus vielen verschiedenen Ländern und sind auch ganz verschieden alt.
In Intensivklassen geht es ums Deutsch lernen – und darum, das Leben in Hessen kennenzulernen. Die Klassen sind klein, die Schüler und Schülerinnen kommen aus vielen verschiedenen Ländern und sind auch ganz verschieden alt. © dpa

Geflüchtete Kinder aus der Ukraine: Deutsch lernen in vier Monaten

Der 16-Jährige habe sich schnell eingelebt, berichtet seine Lehrerin. Nach vier Monaten sprach er schon leidlich Deutsch, inzwischen redet er flüssig und schreibt fast fehlerlos. „Ich würde gerne hier Abitur machen und Programmierer werden“, erzählt Oleh. „Zwei Computersprachen beherrsche ich schon.“ Außerdem spricht er neben Deutsch und Ukrainisch auch Russisch, Englisch „und etwas Polnisch“.

Aus der Intensivklasse, wo die Sprachförderung im Vordergrund steht, ist er inzwischen in die 9. Klasse der Realschule gewechselt. Gelingt ihm nächstes Jahr ein guter Abschluss, steht dem Schritt zum Abitur nichts mehr im Wege. Zurück in die Ukraine zu gehen, kommt für ihn nicht infrage. „Ich glaube, dass ich hier die besseren Möglichkeiten habe“, sagt er.

Aus der Ukraine nach Hessen

Knapp 16.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine besuchen hessische Schulen. Etwa 3000 weitere sind in die Ukraine zurückgekehrt.

Fast 2000 Intensivklassen an allgemeinbildenden oder beruflichen Schulen hat das Land eingerichtet. Knapp die Hälfte der Schüler:innen kommt aus der Ukraine. Sprachförderung steht im Vordergrund.

288 ukrainische Lehrkräfte hat das Land eingestellt, sie werden in der Deutschförderung oder ukrainischsprachigem Unterricht eingesetzt. (pgh)

Und da ist Veronika. Die 13-Jährige kam mit Mutter, Schwester und ihrem Hund Barni aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Hessen. Auch sie spricht schon recht gut Deutsch, wird wohl ebenfalls bald die Intensivklasse in Richtung Regelunterricht verlassen. „Verstehen kann ich jetzt schon alles“, sagt sie. Im April steht ein Besuch bei der Familie in der Ukraine an: Onkel, Tante, die Cousine, die Großeltern leben dort.

Auf Dauer zurückzugehen ist aber auch für Veronika kein Gedanke. „Ich will hierbleiben, Psychologie studieren, Menschen helfen, die Schlimmes erlebt haben“, lautet ihr Ziel. Schlimmes, wie etwa Krieg. Viermal die Woche fährt sie mit ihrer Schwester mit Bus und Bahn nach Offenbach, drei Stunden dauert die Fahrt hin, drei zurück. Dort besuchen die beiden eine Tanzschule und trainieren gerade intensiv, um bei der Meisterschaft in Contemporary Dance dabei sein zu können.

Geflüchtete Kinder aus der Ukraine: Fast ein halber neuer Schuljahrgang für Hessen

Insgesamt 15.847 Kinder und Jugendliche, die wie sie vor dem russischen Angriff aus der Ukraine geflohen sind, gehen laut Kultusministerium in Hessen zur Schule (Stand 10. März). Sie machen fast die Hälfte der Seiteneinsteiger:innen aus, die weitgehend ohne Deutschkenntnisse gekommen sind. Innerhalb eines Jahres musste fast ein halber Schuljahrgang aufgenommen werden.

„Niemand hat sich das so gewünscht“, sagte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Dienstag bei einem Besuch der Bad Schwalbacher Gesamtschule. Die Kinder und Jugendlichen seien durch den „verbrecherischen Angriffskrieg“ Russlands auf die Ukraine herausgerissen worden aus ihrer Heimat, ihrer schulischen Bildung. „Die Aufgabe ist nun, ihnen eine Bildungslaufbahn zu ermöglichen“, sagte Lorz. Man gebe an Geld alles, was dafür nötig sei. Zugleich räumte er ein, dass gerade der Mangel an Lehrkräften oder auch Räumlichkeiten mitunter schwierig zu bewältigen seien. (Peter Hanack)

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