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Lebensmittelskandal in Hessen: Widersprüche zur Todesursache

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Von: Jutta Rippegather

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Die Wege der Lebensmittel nachzuvollziehen ist Detektivarbeit. RP Darmstadt
Die Wege der Lebensmittel nachzuvollziehen ist Detektivarbeit. © RP Darmstadt

Das Krankenhaus sagt, der Patient sei nicht an den Listerien im Essen gestorben. Die Behörden haben anderer Informationen. Neues zum Lebensmittelskandal.

Hat Hessens jüngster Lebensmittelskandal ein Menschenleben gekostet? Die zuständige Behörde in Darmstadt sagt Ja. Der Patient des Offenbacher Sana-Klinikums sei an einer Infektion mit Listerien gestorben. Das Krankenhaus widerspricht: Todesursache sei nicht das Essen gewesen, sondern eine schwere Pneumokokken- und Corona-Erkrankung. Die Wahrheit wird die Staatsanwaltschaft herausfinden müssen, die gegen den Inhaber eines mittelständischen Betriebs in Gernsheim im Kreis Groß Gerau ermittelt.

Großer Ausbruch verhindert

Von dort stammen die Salatzutaten, die die Taskforce Lebensmittelkontrolle im Regierungspräsidium (RP) Darmstadt im Februar als Quelle für die mit Listerien verunreinigten Krankenhausessen ausfindig gemacht hatte. Zwei Jahre lang hatte der Landkreis die Firma nicht kontrolliert, bevor er Mitte Februar den Schnittbetrieb untersagte. Eine Detektivarbeit, deren Ergebnis zeige, dass die nach dem Skandal um die Wilke-Wurstfabrik eingeführten Verbesserungen wirkten, sagt der Leiter der Taskforce Lebensmittelsicherheit, Tobias Lackner. Ein großer Ausbruch habe verhindert werden können. Dank der personellen Aufstockung werde in Hessen jetzt jedem einzelnen Fall von krankheitserregenden Listerien nachgegangen. Das sei bundesweit einmalig.

Task-Force-Lebensmittelsicherheit

Die Sondereinheit beim Regierungspräsidium Darmstadt ist seit 2006 landesweit tätig. Nach dem Wilke-Skandal 2019 wurde das Team personell ausgebaut. Es besteht unter anderem aus Lebensmittelchemiker:innen, Amtstierärzt:innen, einer Lebensmittelkontrolleurin und einem Juristen.

Bei lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüche unterstützt sie die Behörden vor Ort. Bei großen und kreisübergreifenden Infektionsgeschehen, übernimmt sie im Auftrag des Landes die Koordination. jur

Auch im Herbst schalteten die Darmstädter sich ein, als drei Fälle im Klinikum Offenbach gemeldet worden waren. Und im Februar wieder, als im Frankfurter Markus-Krankenhaus erneut eine Listerieninfektion auftrat. Bei den Recherchen in Offenbach sei sie noch in einer Sackgasse gelandet, sagt Beatrice Ladewig, die den Fall im RP federführend betreut hat. Die Frankfurter hingegen hatten auch Salat aus dem Patientenessen eingefroren. Solche sogenannten Rückstellproben werden eine Zeitlang aufbewahrt, um sie bei einer Erkrankung untersuchen zu können.

Großer Listerienausbruch verhindert

Listerien können sich entwickeln, wenn Gemüse oder Obst einige Tage vorher geschnitten wurde. Für Gesunde ist die Gesundheitsgefahr gering. Krankenhausküchen rät RP-Expertin Ladewig allerdings von vorgeschnittenen Salaten ab. Je stärker ein Lebensmittel zerkleinert sei und je länger es dauere, bis es verzehrt werde, desto größer sei das Risiko, ergänzt Lackner. Gleichwohl sieht die EU bislang nicht die Notwendigkeit, auf solche Betriebe besonders zu achten. Zulassungspflichtig sind lediglich Firmen, die mit tierischen Produkten wie Milch, Fleisch oder Fisch hantieren.

Nach Auffassung der Verbraucherorganisation Foodwatch hat die hessische Verbraucherschutzministerin Priska Hinz (Grüne) die Schwachstellen der Lebensmittelüberwachung nach dem Wilke-Skandal nicht behoben. Nach wie vor fehle der politische Wille, die Menschen vor unsicheren Lebensmitteln zu schützen. „Es braucht eine unabhängige Landesanstalt für Lebensmittelüberwachung, die mit ausreichend Personal ausgestattet ist und alle Kontrollergebnisse veröffentlichen muss.“

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