Hessische Kinder und Jugendliche schreiben über Träume

Stiftung Handschrift zeichnet in Wiesbaden Schülerinnen und Schüler für handgeschriebene Traumbriefe aus.
„Langsam stieg mein Bewusstsein aus dem Nebel hervor“, beginnt Marleen ihren Brief über Träume. Sie ist eine der 100 Schüler:innen, die für ihre Gedanken zum Thema Traum von der Stiftung Handschrift geehrt wurden.
Insgesamt hatten 9500 Schüler:innen aus ganz Hessen an einem Schreibwettbewerb der Stiftung teilgenommen. Am Freitag erhielten die 100 kreativsten Schreiber:innen eine Auszeichnung im Museum Wiesbaden. Kultusminister Alexander Lorz übergab Urkunden und ein gebundenes Buch mit den ausgewählten Texten.
Schüler:innen der sechsten und siebten Klassen aller Schulformen in Hessen hatten die Möglichkeit, am Wettbewerb teilzunehmen. Die Schulen erhielten einen Schreibkoffer mit vorgefertigtem Papier. Die Teilnehmer:innen hatten dann vier Wochen Zeit, um die Briefe an die Stiftung zurückzusenden.
Ein Gedicht über Traumwelten
Gefragt wurde nach dem allergrößten Traum, einem Traumort oder Traumtag. Grundsätzlich waren die Kinder aber frei in der Gestaltung ihres Textes. „Wer ist das, der uns die Träume schickt, sodass jeder von uns die Traumwelt erblickt“, schreibt eine Schülerin aus Wiesbaden. Sie formulierte ein Gedicht über die Entstehung von Traumwelten.
Mit dem Thema Traum wollte die Stiftung den Schüler:innen besonders viel Kreativität ermöglichen. Die Wiesbadener Schuldezernentin Rose-Lore Scholz betont auf der Verleihung die Relevanz des Träumens für eine erfolgreiche Zukunft: „Wer keinen Mut hat zu träumen, hat keine Kraft zu kämpfen“, zitiert sie Rosa Luxemburg. „Es ist wichtig, dass Kinder träumen dürfen und ihre Träume ausleben“, schreibt die Schülerin Lilith aus Taunusstein in ihrem Brief.
Die Stiftung Handschrift rief bereits in den vergangenen vier Jahren zum Schreibwettbewerb auf. Sie will damit eine schöne Schrift und die Fantasie der Schüler:innen fördern. Es sei trotz zunehmender Digitalisierung von Schulen wichtig, die Handschrift zu trainieren. Laut dem Vorsitzenden der Stiftung, Christian Boehringer, bleiben Handnotizen in der Erinnerung besser hängen als Getipptes. Zudem sei man kreativer, könne seinen Gedanken freien Lauf lassen.
Mit Handschrift besser Vokabeln lernen
Auch die Schüler:innen berichten, sie könnten sich handgeschriebene Vokabeln besser merken und fühlten sich freier beim Schreiben auf Papier. „Ich bin sehr ungeduldig, mit der Hand geht es immer schneller“, sagt eine Schülerin. „Ich habe gar keinen Computer“, fügt eine andere hinzu.
Ziel der Ausschreibung ist es außerdem, die Integration zu fördern. Schüler:innen, die erst vor kurzem aus der Ukraine geflohen sind, nahmen auch am Wettbewerb teil. Ihre Zuschriften behandeln meist Träume über Frieden. Eine von ihnen wurde für den Traumbrief an ihre Oma ausgezeichnet. Einige Teilnehmer:innen schrieben über Traumberufe und positive Wunschwelten. Viele beschäftigten sich aber auch mit Alpträumen. In ihren Briefen ging es um Verfolgung. Krieg, die Klimakatastrophe oder Massentierhaltung.
Der Schüler Jarle aus Hüttenberg adressierte seinen Text an „die Eieresser:in“. Er schildert einen Traum, in dem er als Huhn in einem kleinen Käfig lebt. „Wir hocken zu tausenden in diesen grausamen Verhältnissen und müssen Ei um Ei legen“, schreibt er. Der Schüler will als Huhn lieber frei sein und nach Würmern suchen. Die Idee zum Text entstand durch sein Engagement beim örtlichen Naturschutzbund. Die ungerechte Haltung von Hühnern beschäftige ihn sehr.
Der Chef eines Schlaflabors erzählt vom Träumen
„Warum träumen wir?“, fragt sich eine Schülerin während der Preisverleihung. Michael Schredl, Leiter eines Schlaflabors, kann diese Frage auch nicht mit Sicherheit beantworten. Er sprach auf der Veranstaltung über die Funktion des Träumens.
Es gebe nur Vermutungen darüber, warum wir nachts in andere Welten eintauchten. Im Traum könnten wir vielleicht üben, mit Ängsten umzugehen oder etwas verarbeiten, Informationen abspeichern. Grundsätzlich stehe aber die Frage im Raum, ob der Traum überhaupt eine „Extrafunktion“ habe.
Die Schülerin Lilith berichtet, dass sie nicht mehr so lebendig träume wie früher. Sie kritisiert in ihrem Brief, dass es immer heiße, das sei „der Lauf der Dinge“. Sie glaube nicht daran. Nicht alle Menschen verlören mit dem Erwachsenwerden die Fähigkeit des Träumens. Oft werde es ihnen nur abtrainiert. Sie appelliert: „Hört nie auf zu träumen, egal, was andere sagen“.
Mehr Informationen zu dem Wettbewerb gibt es unter: tagderhandschrift.de/
