Hessens SPD stellt sich neu auf

Nach Nancy Faesers Berufung zur Innenministerin bereitet die hessische SPD Personalentscheidungen vor. Viele Namen sind im Gespräch
Die hessische SPD ist stolz darauf, mit zwei Bundesministerinnen im neuen Berliner Ampelkabinett vertreten zu sein. Neben Christine Lambrecht, die vom Justizressort ins Verteidigungsministerium wechselt, zieht überraschend die hessische Parteivorsitzende Nancy Faeser ins Innenministerium ein. Aber wie geht es nun in Hessen weiter für die sozialdemokratische Partei, zwei Jahre vor der Landtagswahl?
Bemerkenswert ist, dass am Tag nach der Entscheidung in Berlin niemand in den Reihen der SPD ausschließen will, dass die 51-jährige Schwalbacherin Faeser trotz ihrer bundesweiten Aufgabe 2023 als Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin antritt. Das zeigt vor allem, wie deutlich Faeser aus der hessischen SPD herausragt, mit ihrem Fleiß und ihrer Sachkenntnis, ihrer rhetorischen Fähigkeit und der Kraft zum Zusammenführen.
Die Aufgabe als Ministerin wäre für eine Kandidatur Faesers in Hessen „kein Ausschlusskriterium, aber eine immense Herausforderung“, formuliert ihr nordhessischer Stellvertreter Timon Gremmels. „Ich gehe davon aus, dass wir das in Ruhe miteinander beraten müssen.“
Sein südhessischer Kollege Kaweh Mansoori will sich zu dieser Frage gar nicht äußern. Er sagt nur über Faesers Berufung: „Man kann den künftigen Kanzler Olaf Scholz nur beglückwünschen zu seiner Personalwahl.“
Nach bisheriger Planung soll im Mai der nächste Landesparteitag der hessischen SPD stattfinden. Dann sollten die Weichen in Richtung Landtagswahl gestellt werden. Denkbar ist, dass Faeser sich dort wiederwählen lässt – oder dass ein potenzieller Ministerpräsidentenkandidat aufs Schild gehoben wird. Das könnte etwa Michael Roth sein. Der 51-jährige Nordhesse war Spitzenkandidat der Hessen-SPD für die Bundestagswahl und bisher Staatsminister im Auswärtigen Amt. Er verliert aber dieses Amt, weil das Ministerium künftig von der Grünen Annalena Baerbock geleitet wird.
Fraktion muss handeln
Schneller als in der Partei muss es in der Landtagsfraktion gehen. Allerdings nicht so schnell, dass eine neue Spitze schon in dieser Woche feststehen würde. Weder bei einer Videoschalte am Montagabend noch bei der Fraktionssitzung am Dienstag fielen Entscheidungen.
Das Parlament tagt daher in dieser Woche ohne SPD-Fraktionschefin. Faeser legte ihr Mandat am Dienstag nieder, um am Mittwoch als Ministerin in Berlin vereidigt werden zu können. Die Rede, die sie am Mittwoch in der Haushaltsdebatte des Landtags hätte halten sollen, übernimmt nun die Nummer zwei der Fraktion, der Parlamentarische Geschäftsführer Günter Rudolph. Der 65-jährige Nordhesse ist damit automatisch ein Nachfolgekandidat.
Als wahrscheinlicher gilt aber, dass sich die SPD-Fraktion an der Spitze komplett verjüngen wird. In die erste Reihe würde dann eine Person gewählt, die als Spitzenkandidat oder -kandidatin für die Landtagswahl infrage käme.
Infrage kämen dafür insbesondere die derzeitigen stellvertretenden Fraktionschefs. Das sind der Finanz- und Flughafenexperte Marius Weiß (46), die Gesundheitspolitikerin Daniela Sommer (43), die Sozial- und Frauenpolitikerin Lisa Gnadl, (40), der Wirtschafts- und Verkehrsexperte Tobias Eckert (40) und die Landtagsvizepräsidentin Heike Hofmann (48). Auch SPD-Generalsekretät Christoph Degen (41) wäre ein denkbarer Kandidat.