Hessens Kliniken sollen Abbrüche anbieten

Die hessische SPD und die Ärztin Hänel fordern die Verpflichtung zu einem Angebot für Schwangeschaftsabbrüche. Die schwarz-grüne Landesregierung regelt die Schwangerenberatung.
Öffentlich finanzierte Krankenhäuser sollen nach Auffassung der hessischen SPD dazu verpflichtet werden, Schwangerschaftsabbrüche anzubieten. Eine Klinik, die öffentliches Geld erhalte, müsse sich „an der Versorgung von Frauen in Konfliktlagen beteiligen“, fordert die SPD-Landtagsabgeordnete Nadine Gersberg.
Sie schließt sich damit einem Appell der Gießener Ärztin Kristina Hänel an. Hänel war bekanntgeworden durch einen Rechtsstreit, bei dem sie auf das Recht dringt, über die Möglichkeit von Schwangerschaftsabbrüchen zu informieren.
„Das Verweigerungsrecht, an einem Abbruch mitzuwirken, kann nicht für ein ganzes Krankenhaus geltend gemacht werden“, schrieb Hänel in einer Stellungnahme für den hessischen Landtag. Denn auf ihr Gewissen könnten sich nur einzelne Personen berufen, nicht aber die Institution Krankenhaus.
Die Gießener Ärztin fordert eine entsprechende Ergänzung im einschlägigen Gesetz, dem hessischen Ausführungsgesetz zum Schwangerschaftskonfliktgesetz. Der hessische Landtag berät in diesen Wochen über das Gesetz, das unter anderem die Finanzierung der Beratungsstellen regelt. Die schwarz-grüne Landesregierung hat einen Entwurf vorgelegt, der aber keine Verpflichtung für Krankenhäuser enthält.
Versorgung angemahnt
Hänel verweist auf das bundesweite Schwangerschaftskonfliktgesetz. Darin heißt es, die Länder müssten „ein ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen“ sicherstellen. Diesem „Versorgungsauftrag“ solle das Land nachkommen.
Sozialminister Kai Klose (Grüne) sieht in dem Gesetzentwurf vor, dass sein Ministerium eine Liste mit allen Beratungsstellen für die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung in Hessen veröffentlicht. Vorgeschrieben ist, dass mindestens eine Vollzeitstelle je 40 000 Einwohner:innen bereitstehen muss. Das sind für Hessen etwas mehr als 150 Stellen. Die Trägerorganisationen erhalten das Geld dafür vom Land erstattet, allerdings nur zum Teil.
Auf Kritik stößt, dass auch ärztliche Stellen zum Beratungsangebot gerechnet werden. Die Ärztinnen und Ärzte leisteten aber nur die medizinische Beratung zum Schwangerschaftskonflikt, nicht die viel zeitaufwendigere psychosoziale Beratung, zu Mutterschutz, Elternzeit und anderen Fragen, beklagten Fachleute bei einer Anhörung des Landtags. Deswegen könne man ärztliche Stellen nicht mit Stellen in Beratungsstellen gleichsetzen, betonen der Hessische Landkreistag, der Hessische Städtetag, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege und der Landesfrauenrat.
Die Landesregierung hatte die Kritik nur in einem kleinen Schritt aufgegriffen. Der Anteil der Beratung, der von den Fachberatungsstellen und nicht von den Ärztinnen und Ärzten erbracht werden soll, wird von 80 auf 85 Prozent angehoben.
Der Deutsche Juristinnenbund warnte, dass die Veröffentlichung der Liste von Beratungsstellen auch aggressiven Abtreibungsgegner:innen in die Hände spielen könne. Trotzdem befürwortet die Organisation die geplante Liste.
Die Bedenken träten „hinter den Vorteilen für die unter Zeitdruck recherchierenden schwangeren Frauen zurück“, notierten die Juristinnen.