Hessens Handwerk wirbt für „Zukunftsberufe“

Hessische Handwerksbetriebe sind bei der Nachwuchssuche auch im Gymnasium unterwegs. In Wiesbaden war jetzt eine Initiative zu Gast, die die Digitalität in den Berufen beleuchtet.
Hessens Handwerk wirbt verstärkt um Nachwuchs. Am Donnerstag machte zu diesem Zweck die Initiative „Deine Zukunft real:digital“ an der Wiesbadener Elly-Heuss-Schule Halt. An acht Stationen sollen die Jugendlichen erfahren können, wie viel digitale Technik in die meisten Handwerksberufe bereits eingezogen ist.
„Wenn man glaubt, Handwerk sei vor allem dreckig, man würde sich nur die Hände schmutzig machen, dann stimmt das so schon länger nicht mehr“, erklärte Steffen Bender, kommissarischer Leiter des bilingualen Gymnasiums im Zentrum der Landeshauptstadt. Er selbst habe kürzlich die Arbeit eines Schornsteinfegers kennengelernt. „Das ist viel mehr als der schwarze Mann mit Ruß im Gesicht“, sagte Bender. Er habe gestaunt, wie digital die Tätigkeit sei, etwa wenn Emissionen von Heizanlagen zu messen seien.
Zu wenige Auszubildende
In die gleiche Richtung argumentierte Bernhard Mundschenk, Geschäftsführer des Hessischen Handwerkstags. „Digitalisierung ist im Handwerk keine Zukunftsmusik, sondern gegenwärtige Realität“, sagte er. Überhaupt habe Handwerk „sehr viel Zukunft“ und biete neben großen persönlichen Entwicklungschancen auch sehr gute Verdienstmöglichkeiten.
Er sei sehr froh, an einem Gymnasium zu Besuch zu sein, so Mundschenk. Denn noch immer würden sich viel zu wenige Abiturienten und Abiturientinnen für eine Ausbildung entscheiden.
Zwar habe sich deren Anteil bei den Auszubildenden in den vergangenen zehn Jahren etwa verdoppelt, wie Mundschenk berichtete. Dennoch liege er immer noch bei lediglich 14 Prozent. Weil aber inzwischen mehr als die Hälfte eines Jahrgangs das Abitur macht, scheint klar, dass der handwerkliche Nachwuchs nur dann in ausreichender Menge zu gewinnen ist, wenn auch mehr Jugendliche vom Gymnasium in eine duale Ausbildung für einen der rund 130 Handwerksberufe wechselten.
Initiative zum Mitmachen
„Deine Zukunft #Real: Digital“ tourt seit einem Jahr durch Hessens Schulen. Sie hat seitdem rund 8000 Schüler und Schülerinnen erreicht.
In Workshops , die 90 Minuten lang dauern, lernen Jugendliche der Jahrgangsstufen 8 bis 12 an acht Stationen digitale Werkzeuge und Technologien kennen, wie sie auch in der dualen Ausbildung eine Rolle spielen. pgh
Mehr unter deinezukunft-realdigital.de
An acht in knalligen Farben lackierten Tonnen konnten die Jugendlichen am Donnerstag selbst entdecken, wie die Digitalisierung die Arbeitswelt in weiten Teilen prägt. An den Stationen ging es etwa darum, ein 3-D-Modell eines Fußabdrucks zu entwerfen, eine künstliche Intelligenz auf das Erkennen von Verkehrsschildern zu trainieren oder Luftschadstoffe digital zu messen – wie es beispielsweise der Heizungsmonteur oder eben der oder die Schornsteinfeger:in tun.
Moderne Computertechnik
Die Jungen und Mädchen aus einer zehnten Klasse waren offenbar interessiert beim Ausprobieren, was die mit moderner Computertechnik ausgerüsteten Stationen hergaben.
Wie erfolgreich die Werbeaktion sein wird, lässt sich schwieriger abschätzen. Eine kleine Umfrage mag dabei nicht unbedingt ermutigen: Davids (16) Berufsziel ist Pilot, Daniel (15) will Zahnarzt werden, Charlotte und Pauline (16) halten sich beide für „handwerklich nicht so begabt“, und Anna (ebenfalls 16) denkt eher an ein Medizinstudium.
Immerhin einer der sechs Befragten zeigte sich offen. „Ich würde gerne Informatik studieren“, sagte Sahel (16). Wenn es damit nichts würde, sei aber auch Kraftfahrzeug-Mechatroniker in Ordnung.