Hessens evangelische Kirche gibt Jugendbildungsstätten ab

Die EKHN muss von 2030 an jährlich 140 Millionen Euro weniger ausgeben. Das ist ein „gigantischer Sparprozess“. Dabei geht es auch um die kirchlichen Gebäude in Hessen.
Bei der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) muss gespart werden. Jetzt werden die Folgen dieses Sparzwangs deutlich. So sollen die sogenannte Jugendburg in Hohensolms bei Wetzlar verkauft und die Jugendbildungsstätte in Höchst im Odenwald zu einem diakonischen Zentrum mit Wohnungen umgewandelt werden. Gerade für die kirchliche Jugend sind das sehr schmerzliche, nicht nur symbolische Verluste.
Die Debatte um die beiden Jugendbildungsstätten wurde außergewöhnlich engagiert und auch emotional geführt. Am Ende votierte die Mehrheit der Kirchensynode, die noch bis zum heutigen Samstag coronabedingt online tagt, für den Verkauf in Wetzlar und die neue Nutzung für Höchst.
140 Millionen Euro will die EKHN vom Jahr 2030 an jährlich weniger ausgeben. Bei einem Haushaltsvolumen von rund 700 Millionen Euro ist das ein Minus von 20 Prozent.
„Unsere Kirche wird kleiner, die Ressourcen geringer“, beschrieb der Präses der Synode, Ulrich Oelschläger, die Notwendigkeiten für den „gigantischen Sparprozess“. Deshalb verstehe er die Trauer über die nötigen Anpassungen, beobachte bei den Mitgliedern der Synode aber auch ein hohes Maß an Einsicht.
EKHN
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau hat rund 1,4 Millionen Mitglieder in gut 1100 Kirchengemeinden.
Die Synode ist das Kirchenparlament. Sie beschließt Gesetze und wählt die Mitglieder der Kirchenleitung. pgh
Die EKHN wird in den nächsten Jahren noch an vielen Stellschrauben drehen müssen, um ihr Haushaltsziel zu erreichen. „Wir können entweder resignieren oder uns mit dem vielen, was uns immer noch bleibt, weiterentwickeln“, sagte Kirchenpräsident Volker Jung. Ziel müsse es immer bleiben, die „Botschaft des Evangeliums in allen Lebensbereichen zu den Menschen zu bringen“, und zwar sowohl in Worten als auch Taten.
Um dies zu erreichen, sollten beispielsweise die Digitalisierung ausgebaut und sogenannte Nachbarschaftsräume geschaffen werden. Kirchengemeinden sollen in diesen Räumen Netzwerke bilden, erklärte die stellvertretende Kirchenpräsidentin, Ulrike Scherf. Sie könnten Arbeitsgemeinschaften bilden oder auch fusionieren. Gebäude oder hauptamtliche Stellen könnten so gemeinsam genutzt werden, etwa indem für Pfarrdienst, Gemeindepädagogik oder Kirchenmusik Teams gebildet würden. Es sei aber auch klar, dass Gebäude abgegeben oder umgenutzt werden müssten, so Scherf.
Auch der scheidende Finanzdezernent der EKHN, Thomas Striegler, geht davon aus, „dass die Herkulesaufgaben noch vor uns liegen“. Die emotionale Debatte um die Jugendbildungsstätten sei erst „der Vorgeschmack“ auf viele weitere Diskussionen.
Für Hohensolms hat neben einem Schulträger und einem Wohnungsentwickler eine Stiftung konkretes Kaufinteresse gezeigt, um aus dem historischen Gebäude ein Wohnprojekt für Menschen mit und ohne Behinderungen zu machen. Die Synode beschloss, dass der Verkaufserlös der Kinder- und Jugendarbeit zugutekommen soll.
Modellrechnungen zufolge hätte die EKHN in den nächsten 20 Jahren insgesamt bis zu 42 Millionen Euro für Investitionen, Unterhalt und Bildungsarbeit für die Häuser in Hohensolms und Höchst aufbringen müssen.