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Hessen: Zu wenig Pflegekräfte

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Von: Jutta Rippegather

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Die politische Anstrengungen können die Lücke nicht schließen. Eine emotionale Debatte im Landtag.

Auf vielen Stationen gibt es zu wenig Pflegekräfte.
Auf vielen Stationen gibt es zu wenig Pflegekräfte. © Jens Büttner/dpa

Im Jahr 2020 wurden in Hessen 4884 Altenpflegerinnen und -pfleger gesucht. 1700 Stellen konnten nicht besetzt werden. Im Jahr 2035 werden in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen demografiebedingt 40 Prozent mehr Altenpflegerinnen und -pfleger benötigt als im Jahr 2019. Und: 38 Prozent der im Jahr 2019 in den Einrichtungen tätigen Kräfte werden bis 2035 voraussichtlich altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden.

Zahlen, die alarmieren. Das Sozialministerium hat sie auf eine Anfrage der SPD-Fraktion zusammengestellt. Die forderte am Mittwoch im Landtag in einem Antrag die Landesregierung auf, mehr Anstrengungen zu unternehmen. Der Bedarf an professioneller Pflege werde in den kommenden Jahren wachsen, pflegende Angehörige benötigten mehr Unterstützung.

Denn der Personalmangel betrifft Altenheime wie Krankenhäuser. In der stationären Akutpflege wurden im Jahr 2020 rund 4225 Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger gesucht, heißt es in der Antwort des Ministeriums. 33 Prozent der Stellen konnten demnach nicht besetzt werden. Im Jahr 2035 werden in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen 42 Prozent mehr Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger benötigt als im Jahr 2019, heißt es dort. In Akutkrankenhäusern wird der Bedarf um 11 Prozent steigen.

Große Anstrengungen

Das Land habe bereits große Anstrengungen unternommen, um den Beruf attraktiver zu machen. Die Ausbildungsplätze wurden erhöht, statt Schulgeld gibt es jetzt sogar Lohn für Auszubildende. Doch all das reicht immer noch nicht aus, um dem gewachsen zu sein, was auf die Gesellschaft zukommt, wenn die Babyboomer aus dem Pflegeberuf ausscheiden und eventuell selbst Hilfe benötigen. So weit herrschte Einigkeit in der Debatte am Mittwoch im Landtag. Die Anerkennung ausländischer Fachkräfte müsse schneller gehen – auch darüber bestand Konsens.

Sozialminister Kai Klose (Grüne) wies die Kritik zurück, die Landesregierung bleibe untätig. „Wir handeln“, versicherte er. Dringend sei eine umfassende Reform der Pflegeversicherung, ein „großer Wurf“ des Bundesgesundheitsministeriums. Erster Schritt zu besseren Arbeitsbedingungen sei die ab 1. Juli geltende Personalbemessungsgrenze, die einen festen Personalstand in der Pflege vorschreibt.

Dramatische Lage

„Die Lage in der Pflege ist dramatisch und das System stößt an seine Grenzen“, warnte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Daniela Sommer. „Pflegebedürftige Menschen haben eine gute Versorgung verdient und Pflegende haben mehr Anerkennung, Respekt und vor allem Wertschätzung verdient.“ Die Ausbildung muss attraktiver und bekannter werden. Moderne Technologien könnten zur Entlastung beitragen, sagte Yanki Pürsün von der FDP. „Pflegefachkräfte verbringen weniger Zeit am Patientenbett, als sie eigentlich können und wollen.“ Linken-Politikerin Christiane Böhm berichtete von unterversorgten Pflegebedürftigen, die aus finanziellen Gründen den Pflegedienst kündigen. „Das wollen wir nicht hinnehmen.“

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