Hessen: Wie klimaneutral wachsen

Ein Zukunftsrat Wirtschaft soll bis Jahresende Strategien entwickeln. Die Gewerkschaft ist enttäuscht.
Hessen braucht dringend Arbeitskräfte – eine Herausforderung für Bildung und Migrationspolitik. Hessen braucht den Anschluss an eine Wasserstoffpipeline, um bis zum Jahr 2045 die Klimaneutralität zu erreichen, eine Strategie zur Cybersicherheit und Alternativen zu den Seltenen Erden aus China, deren Lieferung angesichts der geopolitischen Verwerfungen nicht mehr sicher ist.
Transformation unterstützen
Im Kleinen schraubt die Landesregierung seit Jahren an Schräubchen zur Transformation, auch in der Wirtschaft haben die Veränderungen längst begonnen. Am Ende der Legislatur holt die Regierung zum großen Wurf aus, will mehr Tempo hineinbringen und hat wesentliche Akteurinnen und Akteure zusammengetrommelt.
Gelingen soll der Erhalt des Wohlstands mit Hilfe eines politisch unabhängigen „Zukunftsrats Wirtschaft“. Sein Auftrag: Die Herausforderungen bündeln, Prioritäten setzen, um weiteres Wachstum ohne CO2-Emissionen zu ermöglichen. Den Vorsitz haben Marine-Luise Wolff übernommen, Vorstandschefin der Entega Darmstadt, und Volker Wieland, Direktor des Institute for Monetary and Financial Stability an der Frankfurter Goethe-Universität. Außerdem im 26-köpfigen Gremium: Vertreterinnen und Vertreter großer wie kleiner Firmen, von Wissenschaft, Wirtschaftsförderung. Gewerkschaften, Bundesagentur für Arbeit, Industrie- und Handelskammertag.
Mitte August soll der erste Zwischenbericht vorliegen, zum Jahresende der komplette Fahrplan stehen. Die kommende hessische Landesregierung werde sich damit beschäftigen müssen, egal wie sie sich nach der Wahl am 8. Oktober politisch zusammensetzen wird, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne).
Recycling bei der Produktion mitdenken
Gleich zum Start am Freitag sei es erfreulich konkret geworden, sagte Wolf im Anschluss an das erste Treffen in Wiesbaden. So wurde diskutiert, wie man die unter Kräftemangel leidende Gastronomie mit Schulabbrechern zusammenbringen kann. Einwanderung müsse schneller möglich sein. Hessen brauche nicht nur eine Willkommens- sondern auch eine Bleibekultur. Wie die Jugend stärker für die Mintfächer begeistern? Wie schon bei der Herstellung das Recycling mitdenken – das wäre dann ein Thema für die Technischen Universitäten im Land.
Vier Schwerpunkte soll der Zukunftsrat behandeln. Für die ersten vier Wochen steht Digitalisierung auf dem Programm, es folgt Dekarbonisierung, die Transformation der fossilen Wirtschaft in eine klimaneutrale. Drittens: „Arbeit der Zukunft“ – wie finden Unternehmen geeignete Kräfte, und wie werden Arbeitnehmer:innen besser geschützt? Zum Schluss geht es darum, wie sich Hessen national und international positioniert.
Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) zeigte sich hochzufrieden: „Das war eine sehr tiefgehende, unglaublich konstruktive Diskussion.“ Weniger euphorisch fiel das Fazit von Michael Rudolph aus, dem Vorsitzenden des DGB Hessen-Thüringen. „Eine konzertierte Aktion während der Wahlperiode wäre besser gewesen als ein Tusch zum Schluss.“ Der DGB fordere seit Jahren sogenannte Transformationsagenturen mit Lotsen, die Betriebsräte und Unternehmensleitungen bei der Bewältigung des sozial-ökologischen Wandels beraten. „Was wir statt einer Antwort auf die Vorschläge bekommen, ist ein neues Gremium der Landesregierung.“