Hessen: Wahlkampfreden zur inneren Sicherheit

Der hessische Landtag diskutiert kontrovers über die aktuelle Kriminalitätsstatistik der Polizei. Die Opposition übt dabei grundsätzliche Kritik an Innenminister Peter Beuth
Der hessische Landtag hat am Dienstag sehr kontrovers über die innere Sicherheit und die Kriminalitätsbekämpfung in Hessen diskutiert. Hessen sei mit Baden-Württemberg und Bayern „eins der sichersten Bundesländer“, die Sicherheit der Bürger:innen habe für die Landesregierung „höchste Priorität“, sagte Innenminister Peter Beuth (CDU) bei seiner Regierungserklärung zum Thema. Diese hielt er anlässlich der kürzlich erfolgten Vorstellung der neusten Polizeilichen Kriminalstatistik für das vergangene Jahr.
Beuth stellte der Landesregierung, der hessischen Polizei und seinem eigenen Haus ein rundum positives Zeugnis aus. In den vergangenen 20 Jahren sei die Zahl der registrierten Straftaten gesunken, die Aufklärungsquote liege bei historisch hohen 63,7 Prozent, die Polizei sei personell und auch in ihrer Ausrüstung gestärkt worden. Hessen habe die „Bodycams“ für Polizeibeamte eingeführt, alle Polizisten und Polizistinnen mit sicheren Smartphones ausgerüstet und sei damit „Innovationstreiber in der deutschen Sicherheitspolitik“.
Hessen: Die Grünen betonen, dass die Gesellschaft friedlicher geworden ist
Man verfolge zudem eine „klare Strategie“ im Kampf gegen Rechts, gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Missbrauchsdarstellungen, gegen Hass und Hetze im Netz und die Sprengung von Geldautomaten, führte Beuth aus. Und weil Sicherheit „eben auch ein Gefühl“ sei, kümmere man sich mit dem „Sicherheitsportal Hessen“ auch um das Sicherheitsempfinden.
STATISTIK
Der hessischen Polizei sind im vergangenen Jahr 368 579 Straftaten bekannt geworden. Gegenüber dem Jahr 2021 sind das rund 32 000 mehr. Die Landesregierung betont, die Kriminalität befinde sich damit wieder auf dem Niveau vor Corona, insgesamt sei Hessen aber sehr sicher.
Die Quote der Straftaten, bei denen die Polizei Tatverdächtige ermitteln konnte, lag 2022 bei 63,7 Prozent. Die Zahl politisch rechts motivierter Straftaten ist leicht angestiegen. han
Die grüne Innenpolitikerin Eva Goldbach betonte, die hessische Gesellschaft sei „so friedlich wie nie zuvor“. Gewalttaten gingen zurück, der Anstieg etwa bei Ermittlungen gegen sexualisierte Gewalt an Kindern habe mit einem veränderten Anzeigeverhalten zu tun. Und gegen die Fälle von rechtsextremen Vorfällen in der Polizei sei die Regierung konsequent vorgegangen. „Wir tun das für die hessische Polizei und nicht gegen die hessische Polizei“, formulierte Goldbach. Man handele, weil die Polizei auf Vertrauen angewiesen sei.
Hessen: Scharfe Kritik aus den Reihen der Opposition
Aus der Opposition war dagegen deutliche Kritik an Minister Beuth und dem Zustand der Sicherheitsbehörden zu hören. Die SPD-Abgeordnete Heike Hofmann warf Beuth vor, eine reine Wahlkampfrede gehalten zu haben: „Viel Eigenlob, wenig Fakten.“ Bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder bei Besitz und Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen steige die Zahl der Straftaten an, das sei „kein Ruhmesblatt“ für den Innenminister. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht die Nutzung der Polizei-Analysesoftware „Hessendata“ vom US-Konzern Palantir teilweise für verfassungswidrig erklärt. „Sie müssen jetzt erstmal nachsitzen wie ein schlechter Schüler“, rief Hofmann Peter Beuth zu.
Jörg-Uwe Hahn von der FDP warf Beuth vor, sich nicht ausreichend hinter die Polizei zu stellen. Die unerwartete Abberufung des Leiters Einsatz im Frankfurter Polizeipräsidium führe zu großer Verunsicherung, kritisierte Hahn, der Beuth zudem vorwarf, um die „Klatsche aus Karlsruhe“ in Bezug auf „Hessendata“ herumzureden. Der Abgeordnete Thorsten Felstehausen (Linke) warf Beuth Populismus vor, weil dieser den schwammigen Begriff der „gefühlten Sicherheit“ nutze, Klaus Hermann von der in Teilen rechtsextremen AfD sprach in Bezug auf Beuths ganze Rede von „Schönfärberei“. (Hanning Voigts)