Hessen: Streit über Flüchtlingspolitik

Der CDU-Vertreter erntet im Landtag Lob von der AfD. Und Kritik vom grünen Koalitionspartner.
Für den innenpolitischen Sprecher der hessischen CDU-Fraktion liegt das Problem in Berlin. Bundesinnenministerin Nancy Faeser trage die Verantwortung für die „besorgniserregende Entwicklung“, sagte Alexander Bauer am Donnerstag im Landtag. Auch dafür, dass die Kommunen der wachsenden Zahl an Geflüchteten nicht mehr Herr würden. Faeser, SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 8. Oktober, fehle der „Realitätssinn“ in der Flüchtlingspolitik. Zuwanderung müsse gesteuert, begrenzt werden, forderte Bauer.
Jubel bei der Rechtsaußen-Fraktion
Die AfD war begeistert: „Was Sie hier ausgesagt haben, ist AfD-Politik“, jubelte Volker Richter von der Rechtsaußen-Fraktion. Dem Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner gingen die scharfen Töne Bauers bei aller Koalitionsdisziplin dann doch zu weit: „Sie sind ein bisschen schnell angekommen mit der Opposition auf der Bundesebene“, mahnte er die Union. „Sie wissen ganz genau, dass Rückführungen nicht so einfach umsetzbar sind. Das ist eine Herkulesaufgabe.“ Auch die Integration müsse besser werden. Wichtig sei, dass Bund, Länder und Kommunen zusammenarbeiten - so wie während der großen Migrationsbewegung im Jahr 2015. „Wir sollten mit gegenseitigen Schuldzuweisungen aufhören“, mahnte Wagner. Menschen in Not bräuchten Hilfe. „Das ist unsere moralische Verpflichtung.“
Doch der Ton der Debatte war gesetzt. Es trat ein, was SPD-Fraktionschef Günter Rudolph explizit hatte verhindern wollen: „Wir wollen nicht, dass Populisten und Rattenfänger aus der Situation Honig saugen“, hatte er eingangs gemahnt, als er den Antrag einbrachte, wonach das Land sämtliches Bundesgeld für die Unterbringung von Geflüchteten an Kreise, Kommunen und kreisfreie Städte weiterleiten soll. Die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine und Asylsuchenden aus anderen Länder stellten die Verantwortlichen vor riesige Herausforderungen. Dennoch halte das Land einen Teil des Geldes aus Berlin zurück. „Dass Kommunen um Geld feilschen müssen ist inakzeptabel“, sagte Rudolph. CDU-Ministerpräsident Boris Rhein habe in einem Fernsehinterview versprochen, das Geld komme in voller Höhe bei den Kommunen an. „Wir nehmen ihn beim Wort.“ Der Antrag scheiterte an einem Nein der schwarz-grünen Koalition. FDP, Linke und AfD enthielten sich.
Minister sieht Kommunen gut versorgt
Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) versicherte, dass das Land sehr viel Geld zur Verfügung stelle. Ihm seien keine Beschwerden aus den Rathäusern und Landratsämtern bekannt. Er befürchte, dass das Thema in den Landtagswahlkampf gezogen werde, unsachliche Diskussionen den politischen Extremen nutzten. „Noch nie sind die Kommunen so gut von einer Landesregierung behandelt worden.“
Dieses Selbstlob ging dem Fraktionschef der FDP zu weit. „Das sind Fakenews“, warf René Rock dem Minister vor. Die Kommunen fühlten sich vom Land „permanent am Gängelband“ geführt. Die FDP habe der Landesregierung angeboten, an der Bewältigung der Krise mitzuwirken. Bund wie Land gleichermaßen in die Pflicht zu nehmen, sei der richtige Ansatz.
Für „ein grundsätzliches Umdenken in der Migrationspolitik“ plädierte die migrations- und integrationspolitische Sprecherin der Linken, Saadet Sönmez. Mehr Zäune um Europa reduzierten nicht die Asylzahlen, sondern führten zu mehr Toten an den Grenzen. „Integration von der ersten Stunde an“ entlaste die öffentlichen Kassen und helfe den Menschen. Sönmez warf SPD und CDU vor, die aktuelle Situation zu parteipolitischen Zwecken zu missbrauchen. Stattdessen sollten sie auf den jeweiligen Regierungsebenen in Bund und Land an Lösungen arbeiten, die den Kommunen weiterhelfen.
Hessens Städte und Gemeinden hatten im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels am Donnerstag in Berlin von Bund und Land „umfassende Finanzierungszusagen“ für die Unterbringung Geflüchteter eingefordert. Aktuell stünde kaum noch Wohnraum zur Verfügung. Preise für Container oder Zelte seien gestiegen.