Hessen: Schlechte Noten für die Konkurrentin Faeser

Die politischen Kontrahenten rechnen mit der Arbeit der Bundesinnenministerin ab. Sie sagen, sie haben die besseren Kandidaten.
Die politischen Gegner in Wiesbaden nehmen die Nominierung Nancy Faesers zum Anlass für eine Generalkritik an ihrer Arbeit als Bundesinnenministerin. Gleichzeitig stoßen sie sich daran, dass sie ihr Amt in Berlin weiterführen will. Tenor: In Berlin sei sie zu weit weg von den Menschen in Hessen. Und als Wahlkämpferin werde sie zwangsläufig ihre Pflichten in Berlin vernachlässigen.
Wie CDU-Generalsekretär Manfred Pentz zu wissen glaubt, macht die Entscheidung Grünen und FDP in Berlin Sorgen: „Ihre Koalitionspartner in der Ampel haben offenbar große Bedenken, dass Frau Faeser ihren gerade jetzt, angesichts der sicherheitspolitischen und migrationspolitischen Lage im Land, herausragend wichtigen Job in der Doppelbelastung nicht hinreichend ausfüllen kann.“ Er hoffe, dass die Arbeit im Bundesinnenministerium nicht leide, wichtige Entscheidungen nicht parteipolitisch instrumentalisiert werden. „Die Menschen werden natürlich sehr genau darauf achten, dass das Amt nicht für Wahlkampfzwecke missbraucht wird.“ Mit ihrer Migrationspolitik ecke sie in der Kommunalpolitik an, habe in ihrem Jahr in Berlin „eine Vielzahl von negativen Schlagzeilen“ geerntet. „Wie dies nun auch noch mit einem Wahlkampf in Hessen in Einklang gebracht werden soll, erschließt sich mir gar nicht“, so Penz. Mit ihrem Kandidaten und amtierenden Ministerpräsidenten Boris Rhein sei die CDU hingegen bestens aufgestellt. „Wir leben Hessen aus ganzem Herzen und machen Politik für Hessen aus Hessen heraus – zu 100 Prozent und nicht nur in Teilzeit.“
Jede Menge Vorwürfe
Dass Faeser dem Druck aus ihrer Partei nachgegeben habe, komme wenig überraschend, sagt der Fraktionschef der Grünen, Mathias Wagner. „Sonst wäre schon jetzt aus dem Dreikampf von CDU, Grünen und SPD ein Zweikampf zwischen Boris Rhein und Tarek Al-Wazir geworden.“ Fraglich sei, wie eine Partei eine Regierung anführen wolle, die schon für die Nominierung ihrer eigenen Spitzenkandidatin monatelang brauche. „Das lange Zaudern und Zögern ist allerdings auch verständlich. Denn die Hessen-SPD ist bislang konzeptionelle Alternativen zur Arbeit der Landesregierung schuldig geblieben.“ Wagner geht davon aus, dass Faeser selbst nicht an einen Sieg der Landtagswahl glaubt. „Sonst würde sie jetzt nicht versuchen, auf zwei Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen, sondern sich mit ganzer Kraft um Hessen kümmern.“ Das Land brauche einen bodenständigen Regierungschef mit Weitblick, so wie der Grünen-Kandidat. „Einen Ministerpräsidenten, der mit beiden Beinen fest in Hessen verankert ist. Einen wie Tarek Al-Wazir.“
Faeser habe „vorsichtshalber einen Rückfahrschein nach Berlin gelöst“, sagte FDP-Spitzenkandidat Stefan Naas. Er bezweifele, dass das Amt in Berlin unter dem „Spagat“ nicht leide. „Gerade die Bundesinnenministerin hat eine Vielzahl von Herausforderungen zu bewältigen, von extremistischen Bedrohungen von rechts und links bis zur Aufnahme von Geflüchteten.“
Als Bundesinnenministerin sei die Sozialdemokratin im Kampf gegen rechts nicht konsequent genug, urteilt Jakob Migenda, Landesvorsitzender der Linken. In Berlin sei die 52-Jährige zu weit weg von den Problemen in Hessen. Sie solle sich besser auf ihre wichtige Aufgabe konzentrieren. „Auch wenn sie sich fortschrittlicher gibt als Seehofer, hat sich im Innenministerium seit ihrem Amtsantritt wenig verändert.“ Linken-Fraktionschefin Elisabeth Kula wirft Faeser vor, mit der Forderung nach einer Abschiebeoffensive und Äußerungen über vermeidliche Integrationsverweigerer rechte Ressentiments zu bedienen. „Unabhängig davon, wer die nächste Landesregierung in Hessen anführt, ob Boris Rhein, Tarek Al-Wazir oder Nancy Faeser – es braucht Druck von links im Landtag, damit sich endlich wirklich etwas im Kampf gegen rechts, für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz bewegt.“