Hessen: Rhein vermisst „Systemwechsel“ in der Flüchtlingspolitik

Der hessische Ministerpräsident ist nicht zufrieden mit den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels im Bundeskanzleramt. Scharfe Kritik kommt auch von den kommunalen Spitzenverbänden.
Die neuesten Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zur Finanzierung der Versorgung geflüchteter Menschen stellen nach den Worten von Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) lediglich einen „Zwischenschritt“ dar. Der Bund stelle den Ländern jetzt zwar eine Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung, von denen Hessen etwa 75 Millionen erhalten werde. „Das ist nicht nichts“, sagte Rhein am Donnerstag in Berlin. Eigentlich brauche es aber „einen Systemwechsel hin zu einem atmenden System“.
Aus seiner Sicht, die von allen 16 Regierungschefs und Regierungschefinnen der Länder geteilt werde, müsse man zu einer Regelung zurückkehren, in der die Zahlungen des Bundes an die Länder und Kommunen an die Zahl der Flüchtlinge angepasst würden, sagte Rhein. „Je mehr kommen, desto mehr muss er zahlen.“ Eine „Flüchtlingsfinanzierung nach Kassenlage“ könne nicht funktionieren. Auf einen grundlegenden Wechsel der Finanzierung hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die 16 Ministerpräsident:innen sich am Mittwoch aber nicht einigen können.
Hessen: „Im Moment scheitert es am Bund“
„Im Moment scheitert es am Bund“, sagte Rhein dazu. Immerhin erkenne die Bundesregierung mittlerweile an, dass die Aufnahme von Flüchtlingen „eine dauerhafte Aufgabe für Bund, Länder und Kommunen ist“.
Beim Gipfeltreffen der Ministerpräsident:innen mit Scholz im Bundeskanzleramt war herausgekommen, dass die Länder eine Milliarde Euro zusätzlich für die Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen erhalten. Außerdem sollen Maßnahmen ergriffen werden, damit weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Dabei geht es unter anderem um mehr Abschiebungen und ein strengeres Regime an den EU-Außengrenzen. Bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz Mitte Juni soll eine Arbeitsgruppe beraten. Endgültig soll über die Finanzierung der Flüchtlingspolitik im November entschieden werden.
Hessen: Der hessische Städtetag spricht von einer großen Enttäuschung
Aus seiner Sicht sei es momentan noch so, dass die Bundesregierung „den Kopf in den Sand steckt“ und nicht ausreichend wahrnehme, „was vor Ort los ist“, kritisierte Rhein. Der Bund werde sich in der nächsten Zeit weiter bewegen müssen.
Wir wollen nicht länger Bittsteller sein.
Vom Hessischen Städtetag kam derweil scharfe Kritik an den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels. Diese seien eine „große Enttäuschung“, sagte Heiko Wingenfeld, CDU-Oberbürgermeister von Fulda und Präsident des Städtetags. „Wir wollen nicht länger Bittsteller sein und fordern eine dauerhafte auskömmliche Finanzausstattung für die übertragenen Aufgaben.“ Die vereinbarte zusätzliche Milliarde decke die entstandenen Kosten der Kommunen bei weitem nicht, kritisierte Wingenfeld.
Wolfgang Schuster (SPD), Landrat des Lahn-Dill-Kreises und zugleich Präsident des Hessischen Landkreistages, sagte ebenfalls, die bisher gemachten finanziellen Zusagen reichten „bedauerlicherweise noch nicht aus“. (Hanning Voigts)